Panorama

Neues aus dem GC Gut Mummelsee: Die venezianische Nacht

25. Sep. 2020 von Peter Marx

Der idyllische Golfclub Gut Mummelsee. (Foto: Getty)

Der idyllische, wenn auch erfundene, Golfclub Gut Mummelsee. (Foto: Getty)

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Der Golfclub Gut Mummelsee liegt, literarisch gesehen, im idyllischen Nordschwarzwald, am Rande des Naturschutzgebietes. Er dient als Vorlage für die vielen Clubs in Deutschland, die sich mit kleinem Budget und vielen ehrenamtlichen Helfern erfolgreich den verschiedensten Herausforderungen einer Golfsaison stellen müssen.


Die venezianische Nacht

Eine unschuldige Frage beim Frühstück! „Sag mal, wie lautet das Motto des Sommerfestes“ fragt die Ehefrau und Dr. Böösgen, Präsident des Golfclubs Gut Mummelsee, wird so kreidebleich als bekäme er einen Herzinfarkt. Alle zwei Jahren feiert der Golfclub eine rauschende Ballnacht. Es ist der gesellschaftliche Höhepunkt des Clubs, der umliegenden Gemeinden, ja sogar des Landkreises. Und immer steht der Abend unter einem Motto.

Verzweifelt schaut der Präsident von der Zeitung auf, in dem er gerade einen Artikel über italienische Weine gelesen hatte. Böösgen hatte „die wichtigste Aufgabe des Präsidenten“, so sein Amtsvorgänger, schlichtweg vergessen. In seiner Not nuschelt er „irgendwas Italienisches“. Anja, seine Frau – bekennender Fan von Italien - reagiert begeistert und minutenlang ergießt sich über den Präsidenten ein Schwall von Vorschlägen. Von „Im Herzen der Mafia“, über „Kampf in der Gladiatoren-Arena“ bis hin zur „venezianischen Nacht.“

Während Dr. Böösgen genussvoll ins frische Marmeladenbrötchen beißt und sich dabei vorstellt, wie sein Vizepräsident in der römischen Arena von einem Berberlöwen gefressen wird, schafft seine Frau vollendete Tatsachen. Ein Anruf beim Lady-Captain, wegen ihrer ausgeprägten Neigung zum Tratschen, auch „die fleischgewordene Liftfass-Säule des Clubs“ genannt – und das Motto steht fest: „Eine venezianische Nacht.“ Innerhalb weniger Minuten klingeln stakkatoartig Handys und Festnetz-Anschluss.

Seufzerbrücke und Gondeln im Wasserhindernis

Morgens, auf dem Weg zu seiner Praxis, geht der Ärger los. Der Chef der Greenkeeper schimpft am Telefon auf das „blödsinnige Motto“. Der Bau von Gondeln sei in seinem Budget nicht drin und er kenne auch keine Schwarzwälder Schreinerei, die Gondeln herstellt. Der nächste Anrufer ist Vizepräsident Werner Heiße–von Luft, der den „Alleingang des Präsidenten“ heftig kritisiert und eine „Dringlichkeitssitzung“ des Vorstandes verlangt.

Nach drei langen Sitzungen von Vorstand und Festkomitee kommt es zu mehreren Kompromissen: Das Thema bleibt. Es gibt keine Gondeln im Teich von Bahn 18, sondern nur Papp-Attrappen am Teichrand. Aus dem breiten Wassergraben bei Bahn 9 wird der Canal Grande und die dortige Stein-Brücke wird optisch zur Seufzerbrücke aufgepeppt. Zentrum des Festes ist die Terrasse oder wie es der Vize formulierte: „Unser Markusplatz“. Aus Sicht des verärgerten Chef-Greenkeepers „zu viel historischer Quatsch“. Sein Alternativ-Vorschlag, eine „bayrische Nacht mit Fassbier und Bratspieße “, war vorher von den weiblichen Mitgliedern des Fest-Komitees kategorisch ablehnt worden. „Nicht schon wieder Lederhosen, Dirndl, Blasmusik und Vollräusche.“

Eine Pressemitteilung löst einen Run auf die Eintrittskarten aus, trotz Erhöhung des Eintrittspreises um 50 Euro. Und die Suche nach Sponsoren erweist sich diesmal als „einfache Übung“, so Schatzmeister Gustl Fuchser.

Von Gondolieren, Dogen und dem richtigen Kostüm

Je näher der Ballabend rückt, desto häufiger treffen sich die zehn Mitglieder des Festkomitees. Dr. Böösgen hat qua Amt zwar den Vorsitz, mischte sich aber so wenig als möglich in die Vorbereitungen ein. Mit Wohlwollen beobachtet er die Diskussionen an den Tischen auf der Golf-Terrasse. Wo es vorher um Bunkerschläge und das richtige Lesen von Grüns ging, werden nun Tipps ausgetauscht, welches Theater in der Region noch Kostüme verleiht.

Kurzfristigen Ärger gibt es zwischen Senioren-Mannschaft und des ersten Herren-Teams. Beide Gruppen wollten geschlossen als Gondoliere auftreten. Im kurzfristig angesetzten Wettbewerb „nearest to the pin“ siegten die Jüngeren. Der Trost der alten Männer! Sie werden nun als Wache des Dogen aufmarschieren. „Dafür braucht es gestandene Mannsbilder“.

Wie bei allen anderen Festen gibt es auch diesmal wieder Streit um die „richtige Musik“. Dr. Böösgen favorisiert den Triumphmarsch aus der Verdi-Oper Aida, was die örtliche Blasmusik-Kapelle schon nach zwei Proben in die Knie zwingt. Die übrigen Präsidiums-Mitglieder setzen sich für die Club-Hausband „Die Sternthaler“ ein oder für eine „Bigband aus dem Kinzigtal.“ Leider konnten die Erstgenannten keine italienischen Songs und das Repertoire der Bigband reichte lediglich von Glen Miller bis Jethro Tull. Ein befreundeter Golfer aus der Nachbarschaft hilft aus der Klemme. „Nehmt doch Paolo und seine Band.“ Der gebürtige Sizilianer hatte vor Jahren auf ihrem Sommerfest gespielt und mit italienischen Klassikern von Rita Pavone, über Gianna Nannini bis Adriano Celentano für eine lange Nacht gesorgt.

Ein Casanova auf dem Golfplatz

Kein Problem gab es diesmal bei der Besetzung der Sektbars, sonst immer in der festen Hand der älteren Ladies. Diesmal sollten jedoch die jüngeren Spielerinnen hinter den Tresen stehen, was „rein optisch“, so der Tenor der meisten Männer, „ein Gewinn“ ist. Dr. Böösgen vermied dazu einen Kommentar, während sein „Vize“ die Entscheidung mit einem seiner zottigen Witze kommentierte. Er würde dafür büßen müssen. Das war allen klar, die in die Augen der Frauen schauten. Als Walter Heiße–von Luft später erzählte, dass er als Casanova auf das Fest kommen wollte, knurrte die Ehefrau eines Greenkeepers „der Echte saß im Gefängnis von Venedig und sein Nachfolger bald in unserem Hundezwinger.“

Mehrere Bürgermeister von Nachbarkommunen hatten sich zum Fest angesagt, außerdem Landtags-und Bundestagsabgeordnete. Sie alle machen sonst einen großen Bogen um den Golfclub: „Aus Imagegründen.“ Das gleiche gilt für den Landrat, der im Telefongespräch mit Dr. Böösgen erst die Leistungen des Vereins für Umwelt und Natur über den grünen Klee lobt und dann kleinlaut nach drei Eintritts-Karten fragt: „Frau und Tochter wollen unbedingt zum Fest.“

Eines beunruhigte jedoch den Clubpräsidenten. Die Wahl seines Kostümes. Lange war für ihn klar, dass er als Club-Präsident nur als Doge das Fest eröffnen wird. Böösgen hatte bereits bei einer Schneiderin Maß nehmen lassen für einen goldfarbenen Umhang mit Hasenfell. Aber nun hatten der Landrat und zwei Bürgermeister schon angekündigt, ebenfalls als Doge verkleidet auf das Fest zu kommen. In einem Lexikon fand Dr. Böösgen die Lösung. Am 14. Mai 1797 stürmte Napoleon mit seinen Truppen Venedig und beendete die Ära der Dogen. Seitdem nannte sich der französische Feldherr auch „der Attila von Venedig.“ Genau die Rolle, die Dr. Böösgen gefällt. Entspannt greift er nach seinem Glas Chardonnay und summt leise den Celentano-Klassiker „una festa sui prata.“ Ein langer Schluck und das letzte Problem ist für ihn gelöst: „Auf meinem Fest bin ich der Attila.“

Peter Marx, Golfclub Gröbernhof, ist korrespondierendes Fernmitglied im Golfclub Gut Mummelsee.

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