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Golf mit neuer Hüfte: Von einem, der auszog, das Spiel wieder zu lieben

07. Jan. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Weiter Weg, fernes Ziel: Aber für schmerzbefreiten Golfgenuss in solcher Kulisse, hier das Ostsee Golf Resort Wittenbeck, lohnen sich alle Mühen. (Foto: Michael F. Basche)

Weiter Weg, fernes Ziel: Aber für schmerzbefreiten Golfgenuss in solcher Kulisse, hier das Ostsee Golf Resort Wittenbeck, lohnen sich alle Mühen. (Foto: Michael F. Basche)

Es gibt diesen Schlager von Jürgen Marcus, die Älteren werden sich vielleicht erinnern: „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben.“ Die Zeile ist banal, und sie repräsentiert keineswegs meinen Musikgeschmack. Aber genau an jenen Refrain muss ich denken an diesem Morgen auf dem ersten Abschlag im Ostsee Golf Resort Wittenbeck.

Gut vier Monate ist es her, dass Dr. Nikolaus Szöke, Orthopäde am EndoProthetikZentrum des Eduardus Krankenhauses im Kölner Stadtteil Deutz, mir an der rechten Hüfte ein künstliches Gelenk eingebaut hat – eine sogenannte Hüft-Totalendoprothese (Hüft-TEP), die beide knöchernen Teile des Gelenks ersetzt: Kopf und Pfanne. Jetzt stehe ich hier oberhalb der Mecklenburger Bucht, mit dem Driver in der Hand und voller Vorfreude auf die erste richtige postoperative Golfrunde: „Eine neue Hüfte ist wie ein neues Leben.“ Ein neues Golferleben jedenfalls.

Das Risiko der Luxation

Hinter mir liegen aufregende und anstrengende Wochen, überdies etliche skurrile Momente. Sportliche Disziplin war nötig, nicht gerade meine Stärke; jedoch von der Energie befeuert, nicht wirklich wesentlich mehr als die empfohlenen drei Mindest-Monate „out of bounds“ zu verbringen. Dazu eine Umstellung von Verhaltens- und Tagesabläufen während der Reha-Phase – so lange halt, bis Muskeln, Sehnen, Bänder, Faszien rund um die neuralgische Stelle wieder erstarkt sind und das gesamte Gewebe den neuen Hüftkopf eigenständig in der neuen Beckenpfanne halten kann.

Luxation ist das Schreckgespenst in dieser Zeit. Weil die Gefahr besteht, dass bei falscher Bewegung oder Belastung der Kopf wieder aus der Pfanne rutscht – dort herrscht ja leider nicht das Druckknopfprinzip. Deswegen darf anfangs die Hüfte nicht um mehr als 90 Grad gebeugt werden. Was sehr aufrechtes Sitzen und beispielsweise eine Erhöhung des Toilettensitzes per Aufsatz notwendig macht, um den Winkel nicht zu überschreiten.

Anziehilfen und Stellungen für Frischoperierte

Der Modus Operandi des Strümpfe- und Schuheanziehens muss gleichsam umgestellt werden, damit sich das Bein nicht „falsch“ verdreht. Für die Socken gibt‘s Anziehhilfen, die einem das Bücken ersparen; der Faulpelz in mir ist versucht, das zur Dauerausstattung zu machen …

Nachts schlafe ich mit einem Kissen zwischen den Knien – ein Abstandshalter sozusagen, der verhindern soll, dass sich in Seitenlage die Beine überkreuzen und ein fürs Hüftgelenk schädlicher Winkel entsteht. Ganz zu schweigen von den standardisierten Empfehlungen des Ergotherapeuten an Frischoperierte für ein gelenkschonendes intimes Miteinander, festgehalten als Strichskizzen von diversen Liebesstellungen auf einer Din-A4-Seite. Zum Schmunzeln.

Eine Menge Training bis zur Funktionsfähigkeit

Unvergessen ist das kleine Schreckmoment, als es beim ersten vorsichtigen Gang an Krücken und bei leichter Belastung des rechten Beins in der erneuerten Hüfte vernehmlich schlackert. Nein, das Bein ist nicht abgefallen. Aber ich brauchte eine Nanosekunde des Atemholens, um mir klar zu machen, dass halt alles locker ist – salopp formuliert. Dass eine Menge Training erforderlich ist, bis die implantierte „Fahrwerksaufhängung“ wieder kompakt umschlossen und belastbar funktionsfähig ist.

Im Krankenhaus fackeln sie da nicht lange. Schon am Tag nach der Operation scheucht mich die ebenso nette wie resolute Dame vom Physio-Team aus dem Bett. Von wegen gemütliches Rumliegen, von wegen Ruhephase. Mobilisierung ist angesagt, Kreislaufbelastung, Bewegung. Nachmittags habe ich bereits Krücken und stakse vorsichtig ins Bad.

Am Patienten liegt, was draus wird

Am nächsten Morgen bin ich auf dem Gang. Meter machen. Sicherheit gewinnen. Treppensteigen mit Krücken üben. Schwitzen. Je besser ich mit den Gehhilfen klar komme, je schneller ich sie letztlich los werde, desto greifbarer ist das große Ziel: Endlich wieder schmerzfrei bewegen, gehen, marschieren. Endlich wieder einen Schläger schwingen ohne dieses brennende Ziehen in der Hüfte, das physisch wie psychisch so behindert und gehemmt hat.

Darum geht‘s. Der operative Prozess ist Routine. Das Chirurgenteam braucht keine 45 Minuten, um den Kernjob zu erledigen; im Eduardus-Krankenhaus setzen sie jährlich über 2.000 künstliche Gelenke aller Art ein. Der Patient hat in der Hand, was draus wird.

Beim Skiunfall die rechte Hüfte demoliert

Die medizinische Vorgeschichte ist schnell erzählt. Trotz unbestreitbar reifen Alters war ich nicht von Arthrose geplagt, dem Verschleiß des Gelenkknorpels. Vielmehr habe ich mir vor etlichen Jahren bei einem Skiunfall den Kopf des Oberschenkelknochens und die Beckenpfanne demoliert. Was anschließend repariert worden ist, hatte ein Verfallsdatum. Irgendwann würden an der traumatisierten Stelle Gelenkflüssigkeit, Knorpel und Knochenhaut verschlissen sein, würde Knochen blank auf Knochen scheuern.

Hochgefühl: Endlich schmerzfrei gehen – der Autor im ersten, noch nicht golfbedingten Überschwang. (Foto: Michael F. Basche)

Hochgefühl: Endlich schmerzfrei gehen – der Autor im ersten, noch nicht golfbedingten Überschwang. (Foto: Michael F. Basche)

Einige Jahre habe ich diesen Schmerz ertragen, mich hinter einer (unbegründeten) Vollnarkose-Furcht versteckt. Bis die Schonhaltung den gesamten Muskelapparat im rechten Bein zu beeinträchtigen drohte und die linke Hüfte ebenfalls zu jaulen begann. Der Golfschwung war eh hin.

Wer seinen Unterkörper nicht in Richtung Ziel zu bewegen wagt, wer steif und quer dasteht wie eine Parkbank und nur aus den Schultern schwingt, der wird zwangsläufig wieder zum Hacker. Die Golfkameraden und -kollegen, die das miterleben mussten, seien nachträglich um Verzeihung gebeten. Auch selbst wird einem so das Spiel verleidet.

Golfspezifische Übungen bei „medicoreha“

Am Tag nach dem 1. Mai, dem Tag der Arbeit pikanterweise, habe ich eben damit angefangen. Mit der Arbeit am neuen Geh-Gefühl. Schrittweise, im übertragenen Sinn wie buchstäblich. Der Oberbegriff lautet „Medizinische Trainingstherapie“. Mobilisierung gehört dazu, ebenso Lymphdrainagen und Massagen, geräteorientierte und -gestützte Gymnastik, Koordinationsübungen, Gangschulung, das Training von Alltagsbewegungen, Muskelaufbau.

Wenn der gerade Weg zum Ziel wird: Anfangs wackelige Koordinationsübungen bei "medicoreha". (Foto: Michael F. Basche)

Wenn der gerade Weg zum Ziel wird: Anfangs wackelige Koordinationsübungen bei "medicoreha". (Foto: Michael F. Basche)

Beim Gesundheitsdienstleister „medicoreha“, Untertitel „Ambulante Fachkliniken für Rehabilitation“, können sie das ziemlich gut. Erfahrene Therapeuten steuern den Rekonvaleszenten behutsam und dennoch zielgerichtet durch den Reha-Prozess. Sogar golfspezifische Übungen stehen auf dem Trainingsprogramm.

Auf der Golfanlage Hummelbachaue bei Neuss betreibt „medicoreha“ obendrein ein eigenes „MedGolf Institut“, das ein breites Spektrum an sportmedizinischen und physiotherapeutischen Maßnahmen bietet – auch in Zusammenarbeit mit den Professionals der Hummelbachaue.

Gehen fast wie Schweben

Irgendwann, es hat nicht allzu lang gedauert, waren die Krücken weitgehend obsolet; irgendwann landeten sie endgültig im Keller. Nach drei Wochen war die Reha auf Rezept beendet. Mit einem Spickzettel voller Übungen ging die Arbeit eigeninitiativ weiter. Treppensteigen ist perfektes Ergänzungstraining; auf einem Bein stehen beim Zähneputzen ebenso, der Körper-Koordination außerdem extrem zuträglich.

Und marschiert bin ich. Jeden Meter, den ich unter die Sohlen kriegen konnte. Endlich wieder richtig gehen können. Ohne hinken. Nichts tut mehr weh. Ein Hochgefühl. Gehen? Eher schweben.

Golf-Comeback nicht ohne Arzt und Pro

Wochen später dann das Golf-Comeback. Anfangs mit sehr vorsichtigen kurzen Schlägen, Putts und Chips. Die Hüfte hält. Wieso auch nicht. Halbe und Dreiviertel-Schwünge. Ohnehin habe ich Glück, dass es die rechte ist. Links wäre der Rotationsstress und damit die Belastung des zementfrei in den Oberschenkelknochen eingewachsenen Prothesenzapfens deutlich stärker; der linke Fuß soll daher per se um 45 Grad offen positioniert werden. Freilich, all das sollte eh nicht ohne Konsultation des Orthopäden und des Pro erfolgen.

Irgendwann traue ich mich an den ersten richtigen Hieb. Klappt. Bloß der Kopf muss kapieren, was der Körper längst weiß, und die Konditionierung, die mentale Bewegungsblockade aufheben: Der Schmerz ist weg, grip it and rip it.

Neuer Schwung. Aus der Hüfte

„Wie war das noch gestern?“, trällerte damals Jürgen Marcus. Und: „Mir ist als ob ich durch dich neu geboren wär.“ Der Ball liegt auf dem Tee, das erste Fairway erstreckt sich vor meinen Augen, im Hintergrund leuchtet blau die Ostsee. Geliebtes Spiel, Du hast mich wieder. Mit neuem Schwung. Aus der Hüfte.

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