Im Gegensatz zu den sonst üblichen Profiturnieren, die sich meist als Zählspiel darstellen, wird der Ryder Cup als ein Mannschaftswettspiel ausgetragen. Dies ist für die Spieler ungewohnt, doch fühlen sich alle in das Team Berufenen besonders geehrt, für die Mannschaft spielen zu dürfen. Die Spieler spielen nicht nur gegen sich, sondern tragen Verantwortung für Ihr Team. Es macht sie stolz, für ihren Kontinent spielen zu dürfen, erhöht aber auch gleichzeitig den Druck, gut spielen zu müssen. Es fordert und fördert, das Beste aus sich selbst herauszuholen.
Ball ist Ball, Schläger ist Schläger - Risikomanagement
Es gilt trotzdem und wie immer, den Ball von A nach B zu schlagen, d.h. die Bewegungsausführung des Schlages bleibt gleich, unabhängig ob ich ein Zählspiel oder ein Lochspiel spiele. Die Denk- und Entscheidungsphase ist eine andere, da sie den eigenen Mitspieler manchmal in die Entscheidung mit einbezieht. Aber nie ungefragt! Es wird zusammen gespielt, gekämpft und entschieden, das Risiko gemeinsam kalkuliert und dann ausgeführt wie immer. Mit jedem Loch beginnt eine neue Chance. Hier gilt es, nicht zu hadern, sich nicht zu ärgern und sich nicht zu beurteilen, sondern wahrzunehmen, was geht hier gerade ab, was kann ich bzw. können wir tun. Dann wird zielgerichtet gehandelt. Golf wird mit allen Sinnen gespielt und auf den Punkt umgesetzt.
Gibt es Disharmonien im Team, leidet das Spiel beider Spieler. Da setzt das mentale Spiel ein. Unstimmigkeiten hängen natürlich auch von den Eigenarten der Spieler ab. Günstig ist, schon ein paar Mal miteinander gespielt zu haben, um Dysbalancen im Zusammenspiel durch vorherige Vereinbarungen erst gar nicht entstehen zu lassen.
Regeln für ein gutes Miteinander
- Jeder geht davon aus, dass der Mitspieler sein Bestes gibt. Besser geht nicht.
- Es wird sich nicht ungefragt in das Spiel des Partners eingemischt. Das gilt natürlich auch für die Caddies. Die Besten sind die, die nur dann etwas sagen, wenn sie vom Spieler gefragt werden.
- Jedes Ergebnis, egal, was für eins, wird von beiden Spielern akzeptiert - ohne Wertung. Am nächsten Loch beginnt ein komplett neues Spiel. Das ist der große Vorteil des Matchplays und deshalb auch so spannend.
- Entscheidungen für die Spielweise werden entweder gemeinsam entschieden oder das Ergebnis der Schläge, egal wie entstanden, wird immer wohlwollend akzeptiert.
- Es gilt immer im Moment zu bleiben. Weder zurückzublicken, noch nach vorne.
Umgekehrt kann natürlich einiges von außen, kaum sichtbar aus dem Ruder laufen. Sind die Spieler nicht in jedem Moment klar im Kopf, ist es unmöglich für sie, ihr bestes Golf zu spielen. Es wird hapern! Also geht es darum, trotz der widrigsten Umstände – gelassen zu bleiben. Jordan Spieth ist ein gutes Beispiel dafür. Das hat er trainiert, seitdem er 14 Jahre alt ist. Er ist gelassen und bleibt gelassen, egal, was um ihn herum passiert. Sonst weiß er, dass sein ungezieltes Verhalten sich wie ein Bumerang negativ auswirken wird. Auch Bernhard Langer ist Meister auf diesem Gebiet, was leider, gerade von Amateuren, viel zu oft vernachlässigt wird.
Eigene Ablenkungen, die den Spieler herausbringen:
- Wie verhält sich ein Spieler, wenn er merkt, dass er schon mit seinen Gedanken beim nächsten Loch ist?
- Was kann ein Spieler tun, wenn er merkt, dass er nur über sein Ergebnis nachdenkt und ständig seine Schläge zählt?
- Was kann ein Spieler tun, wenn er merkt, dass er über seine Verhältnisse gut spielt, sich auch noch unterspielen möchte und dann erst recht die nächsten Löcher schlecht spielt? Wie kann er dies schon kommen sehen?
Fremde Ablenkungen, die den Spieler herausbringen:
- Wie verhält sich ein Spieler, wenn es ihn nervt, dass jemand ständig zu langsam geht?
- Was macht der Spieler, wenn seine Mitspieler ihn immer in ein Gespräch verwickeln wollen? Vielleicht sogar gezielt, um ihn herauszubringen.
- Was macht ein Spieler, wenn er sich von den hinteren Spielern bedrängt fühlt, da sie sehr schnell spielen. Er kann aber nicht schneller spielen kann, da der Flight selbst immer auf die Vorderen warten muss.
Das Spiel zwischen den Ohren, die 15. Waffe!
Erkennen die Spieler die Eigenart des Lochspiels, ist diese Wettspielart ein Spiel für den Moment. Jedes einzelne Loch abhaken ist angesagt. Man schleppt eben einen schlechten Start nicht 18 Loch lang, so wie im Zählspiel, mit sich herum, sondern fängt immer wieder neu an! Das ist der Reiz des Matchplay. Der erfahrene Spieler weiß, es wird nicht nur mit 14 Schlägern Golf gespielt. Der 15. ist meist eine genauso wirksame Waffe. Das Spiel zwischen den Ohren mit großen Auswirkungen, ob negativ oder positiv, liegt ganz allein in der Hand und auch im Kopf des Spielers.
Spielstrategie im Matchplay
Jeder Spieler und auch jedes Team macht sich durch eine gute Vorbereitung mit Hilfe von Proberunden, Birdiebooks, eigens gefertigte Yardagebooks einen grundsätzlichen Spielplan für den jeweiligen Platz. Im Zählspiel ist dieser vorher klar definiert. Hält man sich nicht daran, haben die Abweichungen meist schlechte Schläge zur Wirkung. Für das Matchplay wird sich so gut vorbereitet, dass der Spieler weiß, was passiert, wenn er z.B. außergewöhnlich aggressiv spielt oder auch defensiv. Er muss den Platz dafür sehr gut kennen. Im Lochspiel muss der Spielplan flexibel bleiben, denn je nachdem wie das andere Team oder der Einzelspieler spielt, reagiert natürlich der Gegner. Das Risiko kann so viel besser kalkuliert werden. Manchmal geht der Spieler aufs Ganze und weiß, er kann nichts verlieren. Manchmal ist das dann gerade nicht angesagt! So ist das Spiel spannend, ja es kann sehr spannend sein! Vor allem ist jedes Loch eine neue Chance, eine neue Herausforderung!
Der Reiz des Ryder Cup liegt darin, dass kein Spieler für sich spielt, sondern entgegen des üblichen Alltags für seinen Kontinent. Dieses Gefühl kennen Profis selten, da sie immer alleine, manchmal ganz einsam an der Spitze, gegen sich und die Welt spielen.