Golfreisen

Golfen in Japans ehemaliger Haupt- und Kaiserstadt

19. Apr. 2024 von Jürgen Linnenbürger in Köln, Deutschland

Cherry Blossom (Sakura) im Kyoto Golf Club (Foto: Kyoto Golf Club) und Goldener Pavillon in Kyoto (Fotos: Jürgen Linnenbürger)

Cherry Blossom (Sakura) im Kyoto Golf Club (Foto: Kyoto Golf Club) und Goldener Pavillon in Kyoto (Fotos: Jürgen Linnenbürger)

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Golfreise-Insider Jürgen Linnenbürger erfüllte sich nach jahrelangen Versuchen, einen Golf Club in Japan zu besuchen einen Traum. Im Zuge seiner Reise durch das Land der aufgehenden Sonne verbrachte er einen Tag im Kyoto Golf Club.

Eintauchen in eine eigene Welt

Seit Jahren versuche ich vergeblich, Zugang zu einem Golfclub in Japan zu erhalten. Ich möchte die Besonderheiten des Golfens in dem Land kennenlernen, in dem bereits seit 1903 gegolft wird und in dem es ca. 2.400 Golfanlagen gibt. Auf den Plätzen und zahlreichen Driving Ranges tummeln sich mehr als neun Millionen begeisterte Golferinnen und Golfer. Dies entspricht einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von ca. sieben Prozent. In Deutschland sind es weniger als ein Prozent.

Nun hat diese Durststrecke endlich ein Ende und mein Traum geht in Erfüllung. Am letzten Tag unserer 16-tägigen Rundreise kommen wir in den Genuss, einen Tag im Kyoto Golf Club verbringen zu können.

Angekommen am Kyoto Golf Club. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Clublogo Kyoto Golf Club. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Wie auf unserer gesamten Reise, treffen wir auch hier auf zahlreiche Unterschiede zu unserer westlichen Welt. Auf diese konzentriere ich mich in diesem Bericht. Eindrücke über die Highlights unserer Rundreise enthalten meine Posts auf Instagram unter @JLgolftravelreports.

Am Kyoto Golf Club. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Clubeinfahrt Kyoto Golf Club. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln

In Japan ist es durchaus üblich, mit der U-Bahn oder dem Zug zum Golfplatz zu fahren. Sperriges Gepäck, wie die Bags, nimmt man in ihnen nicht mit. Stattdessen kann man sie mit einem Gepäckservice vorab verschicken und auch wieder abholen lassen.

Wir entscheiden uns jedoch für ein großräumigesTaxi. Gäste sitzen i.d.R. hinten und sind durch eine Glasscheibe von dem Fahrer getrennt. Dieser trägt üblicherweise einen schwarzen Anzug, Krawatte und weiße Handschuhe. Man kann nicht unaufgefordert einsteigen, sondern wartet, bis die Türen vom Fahrer automatisch geöffnet werden. Das Gleiche trifft auf das Aussteigen zu.

Mit dem Taxi zum Golfplatz. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Taxis vom Feinsten (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Bezahlt wird, indem man das Geld nicht von Hand zu Hand übergibt, sondern in eine dafür vorgesehene Schale legt. In dieser erhält man auch das Wechselgeld zurück. Bargeld aus Noten und Münzen ist nach wie vor weit verbreitet, jedoch akzeptieren viele Taxis mittlerweile auch schon die elektronische Zahlung per Kreditkarte.

Auch beim Taxifahren gilt ‚no tipping‘, denn das Geben von Trinkgeld ist in Japan in allen Bereichen verpönt. Allerdings ist hier wie auch in Restaurants bereits 10% in dem Rechnungsbetrag für den Service enthalten.

Tradition und Fortschritt

Nach einer knappen halben Stunde erreichen wir von Kyoto’s City den Kyoto Golf Club, der 1948 als erster Golfclub in Japan nach dem Pazifikkrieg auf Initiative der US-Besatzungsmacht eröffnet wurde. Er sollte dem amerikanischen Militärpersonal als Erholung dienen.

Der Kyoto Golf Club hat eine interessante Vergangenheit. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Origineller Bagtag (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Heute ist er Teil einer Unternehmensgruppe, die sich seit 1930 u.a. mit dem Bau von Golfplätzen beschäftigt. Es ist der erste Club in Japan, der ein Firmenmitgliedschaftssystem eingeführt und Frauen als Caddies abgeschafft hat. Dies ist heute in anderen Clubs eher noch die Regel. Außerdem war er Pionier bei der Einführung viersitziger Elektro-Carts.

Angekommen am Kyoto Golf Club. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Clubhaus und Putting Green (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Umgeben von altem Baumbestand

Der idyllisch gelegene Club verfügt über zwei 18-Loch Plätze. Wir spielen den Kamigano Course, einem 5.818 Yards langen Par 69 Platz, dessen Bahnen durch leicht hügeliges Gelände führen. In dessen Mitte befinden sich zwei malerisch angelegte Seen. Er ist sehr gut gepflegt und bietet auf den Front Nine einen schönen Ausblick auf die ehemalige Kaiser- und frühere japanische Hauptstadt Kyoto.

Der Kamigano Course mit Blick auf Kyoto. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Großartiges Par 4 mit Blick auf Kyoto (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Das in Japan üblicherweise auf den Abschlägen und Fairways verwandte Korai-Gras ist um diese Zeit des Jahres noch hellbraun gefärbt. Es ist sehr dicht und vergleichbar mit dem uns bekannten Bermuda-Gras.

Das Korai-Gras ist typisch für japanische Golfplätze. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Herrliche Baumkulisse (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Seinen Namen hat der Club nach dem Kamigamo-Jinja Schrein, einem mehr als 1.300 Jahre alten Schrein, der zu den ältesten Kyotos zählt. Jetzt, zum Beginn der Sakura, der Kirschblütenzeit, beginnt der Platz sich in rosa und weiß zu färben.

Gäste melden sich an

Am Eingang des Clubhauses befindet sich die Golf-Rezeption, an der wir uns registrieren. Man kommt nicht in Golf-Outfit zum Club, sondern zieht sich erst dort um. Wir erhalten ein Mäppchen mit einem Schlüssel für unseren Spint im Umkleidebereich sowie einen QR-Code. Diesen verwenden wir im Restaurant, auf der Driving Range, in den Service-Stationen auf der Runde sowie im Proshop. Bevor wir auf den Platz gehen, verschließen wir unsere Wertsachen in einer Security-Box direkt neben der Rezeption mit einem frei von uns zu wählenden Code.

Das Mäppchen mit Schlüssel und die Spints. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Check-in und Safety Boxen (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Englisch unterschiedlich ausgeprägt

Gern hätten wir von einem Offiziellen weitere Infos über den Club erhalten. Dies ist jedoch daran gescheitert, dass uns im Club niemand zur Verfügung stand, mit dem wir uns auf englisch verständigen konnten. Unsere diesbezüglichen Versuche vorab per email oder unter Einbindung der Angestellten an der Golf-Rezeption fielen leider auf keinen fruchtbaren Boden. In den meisten besuchten Hotels und Geschäften in Tokio, Osaka und Kyoto hat die Verständigung auf englisch, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, jedoch geklappt.

Erst Out, dann In

Auf dem geräumigen Buggy werden unsere Leihschläger verladen. Der bequeme Viersitzer verfügt über GPS mit einem großen Bildschirm, der eine Menge an Informationen liefert. Ein Eimer mit Wasser, ein Tuch zum Reinigen der Schläger, eine Ball-Angel sowie Regenschirme gehören ebenso zur Ausstattung.

Die geräumigen Golf Carts sind mit Bildschirm und GPS ausgestattet. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Komfort und Hightech im Buggy (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Gestartet wird in einem Abstand von acht Minuten. An den Tee Boxen hat man die Wahl zwischen vier verschiedenen Abschlägen. Die Front Nine ist durch ‚Out‘, die Back Nine durch ‚In‘ gekennzeichnet. An der Eins treffen wir auf einen Behälter, in dem sich jeweils vier Stangen aus Metall befinden. Diese haben den Zweck, die Reihenfolge am ersten Abschlag festzulegen. Es startet nicht der Spieler mit dem niedrigsten Handicap, sondern derjenige, der den Stab mit nur einer Kerbe zieht. Danach folgt derjenige mit zwei Kerben usw. Die meisten Bahnen verlaufen gerade und sind von einem großartigen alten Baumbestand umgeben. Etliche Löcher bieten einen schönen Blick auf die Seen. Die Berg-Silhouette thront im Hintergrund.

Doppelt hält länger

An jedem Abschlag stehen Hinweistafeln, auf denen sich die Nummer des jeweiligen Lochs, dessen Par sowie ein RG und LG mit jeweils einer Zahl befinden. In Japan ist es üblich, dass jede Bahn über zwei Grüns verfügt, von denen eines immer ‚closed‘ ist und geschont wird. So trifft man stets auf perfekte Bedingungen auf den Grüns. Die Buchstaben stehen für Right bzw. Left, die Zahlen geben die jeweilige Distanz in Yards an.

Welch ein Luxus: zwei Grüns an jedem Loch (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Welch ein Luxus: zwei Grüns an jedem Loch (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Obligatorische Pause

Nach neun gespielten Löchern legen wir die auf japanischen Golfplätzen übliche Pause ein. Dies ist keine Option, sondern ein fester Bestandteil einer jeden Golfrunde. Zuvor erhalten wir vom Caddy Master die Tee Time für die Back Nine, reinigen die Golfschuhe gründlich vor Betreten des Restaurants und hängen die Kappen an die dafür vorgesehene Garderobe.

Eine Pause vor der Back Nine ist üblich in Japan. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Restaurantbesuch mit festgelegter Etikette (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Von dem Essen im Club-Restaurant sind wir genauso begeistert wie von dem, das wir in den vergangenen Wochen im gesamten Land zu uns genommen haben. Schlecht essen ist nahezu unmöglich. Ich wähle von der bebilderten Speisekarte das Beef auf heißem Stein mit Beilagen und Salat. Die Miso-Suppe sowie der Reis runden das Gericht perfekt ab. Während wir zuhause Restaurants, die ihre Speisen mit Fotos anbieten, meiden, ist dies in Japan generell üblich und kein fehlendes Qualitätsmerkmal.

Hervorragendes Essen trifft auf Golf. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Lunch vom Feinsten (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Nach exakt vierzig Minuten geht es dann auf die Back Nine, auf der ebenfalls einige sehr schön angelegte Löcher warten.

Die Back Nine des Kyoto Golf Club. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Löcher 15 und 18 der Back Nine (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Hygiene wird groß geschrieben

Nach der Runde geben wir unser Cart bei dem Caddy Master ab und begeben uns zur Umkleide. Natürlich erst, nachdem wir unsere Golfschuhe wieder ausgiebig gereinigt haben. Dann folgen wir einem festgelegten Protokoll, an das sich, soweit ich gesehen habe, jeder exakt hält.

Nach dem Rundenende folgt ein festgelegtes Protokoll. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Aufgang zum Umkleidebereich und perfekter Service (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Sollten die Schuhe feucht sein, steht neben dem Spint Papier zur Verfügung, mit dem diese von innen getrocknet werden können. Ich nehme meine Tasche und meine Kleidung aus dem Spint und ziehe die dort bereitgestellten Hausschuhe an. Mit diesen begebe ich mich zu einem separaten Raum, vor dem ich sie abstelle. Den mit Tatami-Matten ausgelegten Bereich betrete ich nur mit Strümpfen und lege meine Kleidung dort in einem eigenen Korb ab.

Dann gehe ich unbekleidet und nur mit einem kleinen Handtuch ausgestattet in den angrenzenden Baderaum. In dem Männerbereich sind 15 Waschplätze mit Handduschen nebeneinander angeordnet, vor denen jeweils ein kleiner Plastikhocker steht. Etliche Herren sitzen schon dort mit Blick auf die Wand und seifen sich die Haare und den ganzen Körper äußerst intensiv mit dem zur Verfügung stehenden Shampoo ein und wiederholen diesen Vorgang. Ich setze mich dazwischen und verfahre gleichermaßen. Anschließend dusche ich mich gründlich ab.

Danach begebe ich mich in das in der Mitte des Raumes stehende Becken. Dieses ist häufig in Japan anzutreffen und heißt Onsen. Es wird mit ca. 40 Grad heißem Wasser aus einer Quelle gespeist, von denen es in Japan unzählige gibt. Das kleine Handtuch hänge ich nicht irgendwo auf, sondern lege es während des Badevorgangs zusammengefaltet auf meinem Kopf ab. Der Anblick ist gewöhnungsbedürftig. Ich muss mir das Schmunzeln verkneifen: Männer sitzen in einem dampfenden Becken nur mit einem kleinen Tuch auf dem Kopf bekleidet, würdigen sich keines Blickes und genießen das entspannende, heiße Quellwasser. Details hierzu bietet der jüngste, sehr sehenswerte Film von Wim Wenders. "Perfect Days" berichtet über einen Mann, der in Tokio lebt und arbeitet und sich täglich in einem öffentlichen Badehaus wäscht.

Nach Verlassen des Badebereiches erhalte ich ein größeres Handtuch zum Abtrocknen. Ständig läuft ein Angestellter durch die Räumlichkeiten und tauscht die verwandten Handtücher aus und sorgt für Sauberkeit. Desinfizierte Haarbürsten stehen ebenso zur Verfügung wie Haarspray.

Ein außergewöhnlicher Tag

Zum Abschluss unseres Aufenthaltes stöbern wir noch erfolgreich im Proshop, wobei sich dieser lediglich in einer kleinen Ecke gegenüber der Rezeption befindet. Danach checken wir aus und bezahlen unsere Rechnung mit Kreditkarte. Für die Greenfee, die perfekten Leihschläger, den Buggy, den Restaurantbesuch, die Drinks auf der Runde sowie einige Souvenirs aus dem Proshop zahlen wir einen Betrag von ca. 47.500 Yen. Dies entspricht bei dem momentan günstigen Umrechnungskurs Euro 290,-. Jeder davon war unseren Besuch wert.

Der kleine Proshop gegenüber der Rezeption. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Ein Souvenir darf nicht fehlen (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Ohne die großartige Unterstützung von Silke Bellgardt von dem Golfreise-Spezialisten golf.extra, die uns die Tee Time vermittelt hat, wäre uns diese einmalige Erfahrung nicht möglich gewesen. Silke war selbst schon vor Ort und golf.extra organisiert u.a. Golfreisen nach Japan: [email protected].

Die natürliche Freundlichkeit der japanischen Bevölkerung, ihr respektvoller Umgang, ihre vornehme Zurückhaltung und jederzeitige Aufmerksamkeit sowie die extreme Sauberkeit im ganzen Land sind nur einige Beispiele dafür, was uns an Japan neben seinen großartigen kulturellen, gastronomischen und touristischen Highlights völlig begeistert hat. Wir bedauern, dass wir nicht mehr Zeit haben, weitere Golfplätze kennenzulernen. So verneigen wir uns und mit einem freundlichen Sayonara und einem herzlichen Arigatō Gozeimasu (vielen Dank) aus diesem so faszinierenden Land.

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