Jeder hat es sicherlich schon einmal gesehen: dieses quadratische oder kastenförmige Gerät hinter einem Golfspieler auf der Driving Range. Hierbei handelt es sich um ein Radarsystem, das sowohl die Schlägerkopfdaten im Treffmoment, als auch die Flugdaten des Balls genau messen kann. Derzeit gibt es zwei Hersteller, die den Markt dominieren: TrackMan und FlightScope. Hier möchte ich gar nicht bewerten, ob das eine System besser als das andere funktioniert, denn im Grunde haben beide ein Ziel: den Golfspieler verbessern. Aus diesem Grund gehört eines dieser Geräte inzwischen fast zur Grundausstattung der Golflehrer und –professionals.
Von besonderer Bedeutung zum Coaching sind dabei die Daten des Schlägerblatts im Treffmoment, beispielsweise wird die Schlägerkopfgeschwindigkeit (Club Head Speed), die Schlagflächenstellung (Face Angle), der seitliche Eintreffwinkel des Schlägerkopfs (Club Path) und viele weitere gemessen und individuell ausgewertet. Die gemessenen und berechneten Daten eines Schlages sind allerdings nicht nur für traditionelle Golfer hilfreich, sondern für jeden Long Drive-Athleten unausweichlich, um an seiner Technik zu arbeiten. Als neue Trendsportart erfreut sich Long Driving immer größer werdender Beliebtheit und das Niveau der Professionals wird von Jahr zu Jahr zum nächsten Extrem getragen. Ein wesentlicher Bestandteil der Verbesserungen wird nur durch Radarsysteme wie TrackMan und FlightScope ermöglicht.
Die absolute Länge ist unwichtig
Es würde logisch klingen, wenn ein Long Driver im Training mit Hilfe der Radarsysteme seine erreichte Schlagweite prüft und versucht diese immer weiter zu verlängern. Umso erstaunlicher ist es, dass dieser gemessene Wert meist keinen Faktor für das Training der Athleten darstellt.
Grund hierfür sind die zu großen äußeren Faktoren für die totale Flug- und Rolldistanz des Golfballs. Eine Vergleichbarkeit kann hier im Stundentakt nicht mehr gegeben sein, da sich die Temperatur, die Luft- und Bodenfeuchtigkeit und auch der Wind stark verändern können. Zudem ist die Benutzung von Rangebällen, insbesondere im Long Drive Sport ein weiterer Faktor, der die Schlaglänge, je nach Qualität des Rangeballs, im zweistelligen Prozentbereich verkürzt.
Schlägerkopfgeschwindigkeit als entscheidender Faktor
Worauf achtet also der Long-Drive-Athlet? Abgesehen davon, dass es natürlich im Interesse des Spielers ist, den Ball möglichst geradeaus zu schlagen und somit die Schlagflächenstellung nicht außer Acht gelassen wird, gibt es besondere Daten, die optimiert eine maximale Schlagdistanz ermöglichen. Ganz vorne steht hier natürlich die Schlägerkopfgeschwindigkeit (Club Head Speed), die maximiert werden soll. Diese ist das Potential für den weiten Drive, aber auch der limitierende Faktor und somit die größte „Stellschraube“. Ein PGA-Professional weist durchschnittlich ein Club Head Speed von 113mph auf – besonders schnelle Spieler überschreiten regelmäßig die 120mph-Marke und sind damit die „Ferraris“ auf der Tour. Ein Bespiel ist hier Dustin Johnson, der immer wieder Schlagzeilen mit besonders langen Drives macht. Es ist nicht unüblich wenn ein Long Driver diesen Wert bereits mit seinem 5er Eisen überschreitet und die Schlägerkopfgeschwindigkeit mit seinem Driver bis auf 150mph beschleunigen kann. Das Potential ist also gewaltig.
Kraftübertragung und "Smash Factor"
Der zweite Faktor ist nun die Kraftübertragung auf den Ball, denn je nach Treffpunkt auf der Schlagfläche kann diese besser oder schlechter ausfallen. Wie gut sie ist, gibt das Radarsystem anhand des sogenannten „Smash Factors“ an. Dieser zeigt das Verhältnis zwischen Ballgeschwindigkeit und Schlägerkopfgeschwindigkeit und somit im Grunde wie gut ein Ball getroffen wurde. Je höher die Ballgeschwindigkeit ist, desto weiter kann der Ball fliegen. Aktuell offiziell zugelassene Driver können einen maximalen Smash Factor von 1,5 erzeugen, wodurch PGA-Profis, die 180mph Ballgeschwindigkeit erzeugen, im Gegensatz zu professionellen Long Drivern mit über 225mph deutlich kürzer bleiben.
Allerdings verpufft die entstandene Geschwindigkeit, wenn der Ball mit ungünstig hohem Spin gespielt wird. Reduziert wird dieser beim Long Driver dadurch, dass der vertikale Eintreffwinkel (Attack Angle) des Schlägerkopfes deutlich in der Aufwärtsbewegung stattfindet. Während PGA-Professionals den Ball oft mit 1° in der Aufwärtsbewegung treffen, liegen Long Driver hier im Optimalfall zwischen 8° und 12° aufwärts.
Stellen wir uns nun vor, dass der statische Loft (Neigungswinkel der Schlagfläche) eines Long Drivers deutlich geringer ist (1° - 6°) als der eines herkömmlichen Holz 1 (7° – 12°). Durch die unterschiedlichen Attack Angles kann es dazu kommen, dass der dynamische Loft, also der tatsächliche Neigungswinkel gegenüber dem Boden bei beiden Schlägern identisch ist. Der Teufel steckt aber nun im Detail, denn Long Driver reduzieren ihren Spin trotzdem. Das liegt am „Spin Loft“. Der sogenannte „Spin Loft“ eines Schlages ist ein leicht zu berechnender Wert, der anzeigt, wie stark die Spinentwicklung im Treffmoment ist: Spin Loft = Dynamischer Loft (z. B. 15°) – Attack Angle (z. B. 10°) = 5° - wäre eine mögliche Berechnung.
Weniger Spin bedeutet mehr Länge
Man kann sich die Logik der Bewegung in etwa wie bei einem Top Spin im Tennis vorstellen. Auch hier versucht der Spieler den Ball mit Hilfe einer „Schleife“ in der Aufwärtsbewegung zu treffen. Gleiches gilt für den Long Driver. In Sachen Spin Lot strebt er einen Wert zwischen 4° und 6° an, je nach Windverhältnissen auch mehr oder weniger. Bei Windstille oder leichtem Wind ist ein Spin Loft zwischen 4° und 6° aber geradezu perfekt, um einen Ballflug zu erzeugen, der nicht zu wenig Spin hat (sonst würde der Ball zu früh „abstürzen“), aber auch nicht zu viel Spin, sodass die Energie in den Spin „verpufft“. Der hieraus resultierende Spin beträgt ca. 1500–1800rpm. Im Vergleich zu einem Golf-Tourspieler mit ca. 2500rpm ist dies ein extrem geringer Wert, der viele Spieler mit entsprechend hoher Schlägerkopfgeschwindigkeit vor eine Herausforderung stellt.
Die regelmäßige Überprüfung dieser Werte ist für einen Long Driver also essentiell. Schlagdaten sind anhand des resultierenden Ballfluges nur zu erahnen und nicht selten „fühlt“ sich ein Schlag schnell an, da er gut getroffen wurde. Das Radarsystem verrät aber: „Not yet – try again!“