Golf Post Premium Panorama

Interview: „Jeder Betrug ist eine Respektlosigkeit gegenüber dem Golfsport“

19. Okt. 2022 von Peter Marx in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Er kennt die mentalen Aspekte des Golfspiels so gut, wie kein Zweiter: Mentaltrainer Yannick Rosenberger. (Foto: Yannick Rosenberger)

Er kennt die mentalen Aspekte des Golfspiels so gut, wie kein Zweiter: Mentaltrainer Yannick Rosenberger. (Foto: Yannick Rosenberger)

Der 28-jährige verfügt über 13 Jahre Erst- und Zweit-Bundesligaerfahrungen. Derzeit ist Rosenberger auch der amtierende Weltmeister der Linkshand-Golfer. Im Oktober vergangenen Jahres erschien sein erstes Buch. Der Titel: „Goal in one“. Sein Erstlingswerk soll Spielern helfen mit mentalem Training die Ziele im Golf besser zu erreichen. Wir haben ihn zum Interview getroffen.

Über die Mentalität eines Betrügers

Golf Post: Gibt es Überschneidungen zwischen Tricksen/Betrügen und der mentalen Einstellung?

Rosenberger: Natürlich. Nur sehr abgebrühte Golfer spielen problemlos weiter, haben ihren Betrug innerlich schon abgehakt bevor sie den nächsten Schlag machen. Golf ist ein mental geprägter Sport. Zwischen 70 bis 99 Prozent des Spiels läuft im Kopf ab. Das heißt, wenn der Kopf nicht frei ist, dann wird auch der nächste Schlag nicht gelingen. Oder allgemein ausgedrückt. Das schlechte Gewissen nagt an dem Trickser. Er ist erstmal froh nicht erwischt worden zu sein. Trotzdem beschäftigt ihn sein Fehlverhalten. Und der negative Gedanke führt zu einer Abwärtsspirale bei den nächsten Schlägen. Er verbessert sich daher nur unwesentlich.

Golf Post: Warum betrügen Golfer?

Rosenberger: Der Spieler will in der Golf-Gemeinde geschätzt werden und das gelingt am besten über ein niedriges Handicap oder über Turniersiege. Dann sind einem die Schulterklopfer sicher und danach giert der Spieler bzw. die Spielerin. Er sieht sein Fehlverhalten auch eher als eine verzeihliche Trickserei an als einen Betrug. Es geht immer darum, das Gefühl des Siegens auskosten, selbst bei einem noch so unbedeutenden Turnier.

Golf Post: Und was sind das für Menschen?

Rosenberger: Die meisten Schummler sind überehrgeizig. Diese Spieler nutzen jede Möglichkeit die sich Ihnen bietet um das beste Ergebnis für sich rauszuholen. Sie merken gar nicht bzw. haben es verdrängt, dass sie sich mit ihrem Verhalten nur selbst schaden. Durch ihr Verhalten stehen sich der Spieler letztendlich nur selbst im Weg und werden ihr Potential nie abrufen können. Auffällig ist, dass es vorzugweise Männer sind die schummeln. Bei Frauen sind die Trickser viel seltener.

Golf Post: Was bringt einen Golfer dazu?

Rosenberger: Wie schon gesagt, der Wunsch nach mehr Anerkennung. Er will aus der zweiten, dritten Reihe raustreten und so oft als möglich ganz vorne stehen. Und das gelingt ihm aber ohne Tricks nicht. Er vergisst dabei, der Triumph von heute muss er beim nächsten Turnier bestätigten. Und weil der Trickser es nicht schafft muss er wieder betrügen.

Golf Post: Was passiert im Kopf beim Betrügen?

Rosenberger: Beim Betrügen entsteht eine Schleife, das gleiche Phänomen wie bei einer Suchtkrankheit: Er/Sie fangen mit einfachen Tricks an, wie beispielsweise den Ball besser zu legen und steigern sich dann. Die Betrügereien werden zur Gewohnheit und statt sich zu wehren und es nicht mehr zu tun wird es immer mehr. Dieses Verhalten findet man in allen Fraktionen des Golfsports. Deutlich weniger bei den Leistungssportlern, dafür umso mehr bei offenen Spielen bis Handicap 54. Dazu kommt dann noch fehlende Regelkenntnis.

Wie gehe ich mit Betrügern beim Sport um?

Golf Post: Gibt es eine Rangliste der Tricks?

Rosenberger: Nicht wirklich. Ich kann nur aufgrund von eigenen Beobachtungen Vermutungen anstellen. Ich denke „besser legen“ ist vermutlich der Klassiker unter den Tricks, gefolgt vom Loch in der Hose. Dann dürften falsche Angaben zur Schlagzahl folgen. Ganz im Sinne des alten Golferwitz: acht gespielt, sechs gezählt, vier angegeben. Doch die härteste Form des Betruges ist es, wenn Spieler die Scorekarten manipulieren. So auf dem Weg ins Sekretariat noch schnell die eine oder andere Zahl ändern. Doch egal wie! Jeder Betrug ist eine Respektlosigkeit gegenüber den Mitspielern und des Golfsports.

Golf Post: Kann man Golfbetrüger erkennen?

Rosenberger: Nicht nach dem äußeren Erscheinungsbild. Aber es wird den Tricksern oft zu einfach gemacht. Der Zähler passt nicht auf, achtet mehr auf die eigenen Bälle. Er schreibt auf was der Spieler ihm sagt ohne es zu kontrollieren. Zu den Klassikern gehört der Satz „Ihr könnt schon mal vorgehen, ich suche noch weiter.“ Wenig später findet sich der bislang vergeblich gesuchte Ball. Wobei es hier Unterschiede gibt.

Ein Trickser ist viel vorsichtiger wenn er mit Spielern, die ein niedriges Handicap haben, unterwegs ist. Während die Hemmschwelle bei Handicap 20 aufwärts deutlich niedriger liegt. Das jeweilige Handicap spielt scheinbar eine wesentliche Rolle. Das gleiche gilt auch wenn man mit Freunden oder mit Fremden spielt. Bei Flights mit Freunden und Bekannten wird eher geschummelt. Eine Grundregel könnte lauten: Achten Sie auf ihr Bauchgefühl.

Golf Post: Wie gehe ich mit einem Betrüger um?

Rosenberger: Eine schwierige Antwort. Eigentlich gibt es nur drei Möglichkeiten. Die direkte Ansprache oder die Ansprache nach der Runde. Der Vorteil, wenn die Schummelei direkt angesprochen wird, die Spieler sind vor Ort. Die direkte Auseinandersetzung hat jedoch den Nachteil, dass es meistens die Stimmung im Flight verschlechtert und einem die eigene gute Laune und das eigene Spiel versaut wird. Denn man beschäftigt sich weiter mit der Person und seinem Betrug.

War es richtig, war es falsch? All diese Gedanken gehen einem durch den Kopf und blockieren die Konzentration auf den nächsten Schlag. Und der Betrüger beschäftigt sich gedanklich mit der Frage „Wie weit wird es meinem Image schaden bzw. welche Auswirkungen wird der Betrug mit sich bringen.“ Manchmal hilft vor Ort auch Zynismus, quasi als Gelbe Karte, die dem Spieler signalisieren soll: ich habe Dich im Auge. Die dritte Variante nenne ich Ignorieren. Denn am Ende geht es nur um mein Spiel und ich „muss“ den Betrüger nicht zwangsläufig darauf ansprechen.

Golf Post: Und wie verhindere ich die Auseinandersetzung?

Rosenberger: Mit der zweiten Variante. Ich spreche grundsätzlich erst nach der Runde den Spieler auf seine Tricks an. Ich persönlich schreibe mir die Schlagzahl auf, die ich gezählt habe und höre nie auf die Angaben meines Flight-Partners. Wenn ich weiteres entdecke notiere ich mir das auf der Score-Karte. Abgerechnet wird dann am Ende der Runde. Vor allem habe ich dann zusätzlich noch die Chance nachzuschauen, ob es wirklich ein Regelverstoß war oder nicht.
Grundsätzlich sollte man bei Regelverstößen jedoch überlegen „Was hilft meinem Spiel weiter.“ Und dann entsprechend reagieren. Das Rezept hat sich bei mir bewährt.

Das Gespräch führte Peter Marx

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