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Mit den Teeboxen ganz vorn dabei – Auch grüne Abschläge sind kein Kinderspiel

01. Dez. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

(Foto: Golfclub Velbert-Kuhlendahl)

„Positionen, die den meisten Spielwitz bieten“: Im Golfclub Velbert – Gut Kuhlendahl wurde im 18-Loch-Platz ein separater Par-3-Kurs ausgesteckt. (Foto: Golfclub Velbert – Gut Kuhlendahl)

Neulich hat Jack Nicklaus erstmals seit dem Ceremonial Tee Shot beim Masters wieder einen Golfschläger in der Hand gehabt. Der 83-Jährige schlug einen der Eröffnungsdrives in der Villenanlage Panther National in Palm Beach Gardens/Florida, deren Golfplatz er gemeinsam mit Justin Thomas konzipiert hat. „Ich bin froh und erleichtert, dass ich es aufs Fairway geschafft habe“, gab er anschließend zu Protokoll. „Das war mein einziges Ziel.“

Was den „Golden Bären“ umgetrieben hat, der ohnehin mit der nachlassenden Qualität seiner Schläge hadert, beschäftigt tagtäglich unzählige in die Jahre gekommene Golfer rund um den Globus. Die Schlaglänge schwindet und damit auch der Spaß am Spiel, das eigentlich keine Altersgrenze kennt. Doch die wenigsten reflektieren das und ziehen die richtigen Schlüsse; eine Mehrheit versucht nach wie vor, den Ball aus völlig unangemessener Abschlagsdistanz irgendwie aufs Fairway zu wuchten. Meistens, weil man ja ein Mann ist und kein Weichei. „Wir alle, die wir tief in das Spiel involviert sind, predigen ständig, von den richtigen, weil zur eigenen Spielstärke passenden Teeboxen zu spielen“, hat Nicklaus mal zu diesem Phänomen gesagt. „Doch allzu oft muten sich Golfer viel zu viel Platz zu. Was am Ende leidet, sind ihre Scorekarte und die Freude am Golf.“

„Weitere Abschläge mit verkürzter Länge“

Keine Sorge, das wird nicht schon wieder ein Plädoyer gegen das Gedöns mit den Gendertees, wenngleich man es nicht oft genug wiederholen kann: Rot ist zwar die Farbe der Liebe, auf dem Platz hingegen bloß für Ewiggestrige noch der Damenabschlag. Spätestens mit dem World Handicap System firmiert die rote Teebox als vorderer Standardabschlag und die gelbe als hinterer, nachzulesen auch auf der Internetseite des Deutschen Golf Verband (DGV) unter der Überschrift „Vielfalt der Abschläge“: „Zusätzlich können weitere Abschläge mit verkürzter Länge für Spieler mit höheren Handicap-Indizes oder mit größerer Länge für erfahrene Spieler eingerichtet werden.“

Sykes grüne Tee-Markierungen

Auf klug geführten Anlagen beherzigen die Verantwortliche das. Vor allem im Hinblick auf die erstgenannte Zielgruppe. Sie schaffen neue vordere Abschläge und sind damit auch im übertragenen Sinn ganz weit vorn. Der Golfclub Syke bei Bremen ist eines von zahlreichen Beispielen. Dort wurden bereits 2019 auf den drei Neun-Loch-Schleifen grüne Tee-Markierungen in die Mitte der Fairways gesetzt: „Um den Kids und den Anfängern die Möglichkeit zu geben, auf dem großen Platz mit einer relativ ordentlichen Spielgeschwindigkeit über die Runde zu kommen – ohne zu viele Schläge, die das Selbstbewusstsein trüben“, erläutert Manager York Stolte. Der Club bietet dafür drei Routen aus Par-3- und Par-4-Löchern von 1.540 (Par 30), 1.662 (Par 31) und 1.648 Metern (Par 31).

„Gesinnungswandel braucht Zeit“

Sykes grüne Abschläge werden laut Stolte vor allem von den genannten Zielgruppen angenommen. Dabei redet er bewusst nicht von Kinder- oder Jugendabschlägen, zumal Grün international sowieso mitten im Farbspektrum der unterschiedlichen Teeboxen rangiert. „Wir wollen gleichermaßen den älteren Spielern die Möglichkeit geben, von weiter vorn abzuschlagen.“ Doch da entwickeln die gewählten Platzierungen einen eher kontraproduktiven psychologischen Effekt. „Viele sagen sich: Wenn ich eh hier lang laufen muss, kann ich ebenso gut einen Ball schlagen“, erzählt Stolte. „Man soll sich den Abschlag aussuchen, für den man sich gerade gut fühlt oder der zum eigenen Spiel passt. Freilich, ein solcher Gesinnungswandel muss sich erstmal festsetzen, und das braucht Zeit.“

Spielwitz im Golfclub Velbert

Einen noch mal anderen Ansatz verfolgt der Golfclub Velbert – Gut Kuhlendahl im Bergischen Land. Auf der Par-70-Anlage wurde über die 18 Bahnen ein separater Par-3-Kurs ausgesteckt, der es mit Lochlängen von 111 bis 192 Metern sowie einem CR-Wert von 59,2 und einem Slope von 102 in sich hat. Der kurze teilt sich Grüns und Hindernisse ebenfalls mit dem großen Platz; aber Geschäftsführer Michael Ogger und das Greenkeeping-Team haben die grünen Abschläge am Rand oder außerhalb der Fairways arrangiert. Für den direkten Weg zum Grün muss der Ball über ausgedehnte Bunkerkomplexe, durch enge Gehölzschneisen, frontal übers Wasser, mit Fade oder Draw an Bäumen entlang. Einige der originären Par-3-Löcher wurden tatsächlich nach hinten verlängert – zwei Mal ist Grün länger als Gelb.

Abschlag aus anderem Winkel: Der Kurzplatz des GC Velbert hat es in sich. (Foto: Golfclub Velbert – Gut Kuhlendahl)

„Wir haben uns wirklich schwierige Positionen ausgesucht oder welche, die den meisten Spielwitz bieten, wo die Hindernisse voll ins Spiel kommen – jedoch nie unfair“, verdeutlicht Ogger. „Für gute und Scratch-Golfer wird das Ganze relativ schwierig, während die schwächeren Spieler den Kurs als authentisches Golferlebnis feiern, weil er eine riesige Abwechslung zum normalen 18-Loch-Platz ist.“

Mehr Distanz: Zwei Mal ist Grün im GC Velbert sogar länger als Gelb. (Foto: Golfclub Velbert – Gut Kuhlendahl)

Die Diskrepanz liegt auf der Hand: Die Einstelligen müssen aufs Par gehen, andererseits fehlen ihnen die langen Drives. Schlag-Fertigkeit ist gefordert, nicht Schlagweite. „Es braucht den Spieler, der mit seinen Schlägern umgehen kann“, sagt Ogger über das 2.900-Meter-Routing: „Der Platz ist zuvorderst mit Taktik und Hirn zu bewältigen. Selbst Topgolfer müssen teilweise vorlegen, aufs Grün chippen und auf ein Up-and-Down hoffen.“ Da sage noch einer, grüne Abschläge seien ein Kinderspiel.

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