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Statt um Tour-Jackpot zu spielen: Justin Thomas wird im Herbst zum Hinterbänkler

08. Aug. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Letztes Jahr noch Major-Sieger, kommende Saison nicht bei allen Turnieren der PGA Tour dabei: Justin Thomas. (Foto: Getty)

Letztes Jahr noch Major-Sieger, kommende Saison nicht bei allen Turnieren der PGA Tour dabei: Justin Thomas. (Foto: Getty)

Die Rockballade „Walking in Memphis“ hat den Singer-Songwriter Marc Cohn 1991 berühmt gemacht. „Put on my blue suede shoes, And I boarded the plane, Touched down in the land of the Delta Blues, In the middle of the pouring rain“, textete Cohn damals zur Einleitung. Tatsächlich soll es heute und am Wochenende regnen im äußersten Südwesten von Tennessee, aber bei den 70 Auserwählten auf der Anlage des TPC Southwind herrscht eher eitel Freud und Sonnenschein. Die FedEx-Cup-Play-offs beginnen, ab Donnerstag geht es um den Jackpot der PGA Tour 2022/2023.

Rahm wünscht sich Dixies an jeder Bahn

Jon Rahm, der Führende der Wertung, scherzte bei seiner Pressekonferenz im Vorfeld der FedEx St. Jude Championship sogar über den gerade erschienenen Spielplan der PGA Tour fürs Kalenderjahr 2024 und ließ wissen, er habe lediglich eine zusätzliche Bitte: „Ich fände es klasse, wenn sie an jeder Bahn so ein verdammtes Dixie-Klo aufstellen würden. Das habe ich der Tour schon oft gesagt. Ich kann mir leider nicht aussuchen, wann ich auf die Toilette gehen muss.“ Über die schwache Blase des Spaniers hatte sich ja schon Brooks Koepka beim Masters lustig gemacht.

Bedröppelte Tour-Topstars

Wie Sieben-Tage-Regenwetter hingegen dürfte die Stimmungslage bei denen sein, die vergangenen Sonntag mit der Wyndham Championship die Turniersaison beenden mussten. Nach Cut-Opfern wie Garrick Higgo (74. in der FedEx-Cup-Wertung) und K. H. Lee (77.) schauen seit Sonntag ein paar Tour-Topstars ebenso bedröppelt in die Wäsche und sehen unsicheren Zeiten entgegen. Adam Scott beispielsweise (72.), dem am Ende ebenfalls nur ein Schlag für den Tripp nach Memphis fehlte. Shane Lowry, der es damit auch dieses Jahr nicht zur Tour Championship im East Lake Country Club schafft. Matt Wallace, immerhin Saisonsieger, der wie ein Rohrspatz über den „zu schwierigen“ Sedgefield Country Club schimpfte. Oder Billy Horschel (90.), der hernach mit seinem alten Schlägermaterial haderte.

So knapp wie die US-Frauen bei der Fußball-WM

Vor allem aber Justin Thomas verließ North Carolina mit einem veritablen Katzenjammer. Der zweifache PGA Champion hatte am Sonntag den 70. und letzten Platz für die Saisonverlängerung im TPC Louisiana so knapp verpasst, wie seine Landsfrauen um Superstar Megan Rapinoe etliche Stunden zuvor bei der Fußballweltmeisterschaft im Achtelfinal-Elfmeterschießen von Melbourne gegen Schweden gescheitert waren: um Haaresbreite.

 

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Kampf um Startplätze bei Signature Events

Selbst Thomas’ Oma litt am Rand des 18. Grüns mit, als der Chip-Ball ihres Enkels auf der Lochkante liegen blieb. Das Millimü degradiert den erfolgsverwöhnten 30-Jährigen endgültig zum Hinterbänkler des Tourbetriebs. Thomas ist nach mehr als mediokren Monaten nur noch Nummer 25 der Welt, muss für den Ryder Cup auf die Gnade seines Freundes Zach Johnson hoffen, sprich auf dessen Captain’s Pick, und hat jetzt erstmal Pause, während seine gewohnten Mitbewerber um die Dollar-Dreingaben der ohnehin übersaturierten Saison spielen. Schlimmer noch: Im Herbst darf sich der einstige Weltranglistenerste nun mit der Majorität des Profipersonals um die begehrten Startplätze bei den Elevated Designated Signature Events streiten. Was wunder, dass derartigen Aussichten Thomas erstmal ausknockten. Caddie Jim „Bones“ Mackay musste seinem am Boden zerstörten Chef sogar aufhelfen.

„Stolz darauf, wie hart ich gekämpft habe“

Nachdem er sich geschüttelt und mal kräftig durchgeschnauft hatte, kam die Kampfansage. „Man kann Widrigkeiten als Ausrede nutzen, um sich vor einer Herausforderung zu drücken, oder man nimmt sie an“, schrieb Thomas auf Twitter. „Es war eine harte Saison für mich, aber es hat mir Spaß gemacht, mich durchzukämpfen und diese Woche Golf zu spielen. Ich bin sehr enttäuscht, dass ich die Playoffs verpasst habe, aber ich bin stolz darauf, wie hart ich gekämpft habe. Weiter geht’s!“

Putter-Experimente bei Scheffler und McIlroy

Diese Resilienz wird er brauchen. Während Scottie Scheffler und Rory McIlroy in Memphis ihre chronische Schwäche auf dem Grün mit Putterwechseln zu kurieren suchen – der Weltranglistenerste experimentierte mit einem TaylorMade Spider X, der Nordire mit einem Scotty Cameron by Titleist Phantom X – hat Thomas fünf Wochen Zeit, um sich auf die erstmals ausgetragene, sieben Events umfassende Herbstserie der PGA Tour vorzubereiten. „FedEx Cup Fall“ beginnt mit der Fortinet Championship (14. bis 17. September), die RSM Classic wiederum beendet Mitte November das Rennen um die hinteren Ränge der 125 Plätze mit vollem Status auf der Tour.

 

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Platz in den Top 10 von „FedEx Cup Fall“ nötig

Thomas wird antreten müssen. Er ist auf einen Platz in den Top Ten der „Fall Series“-Gesamtwertung angewiesen, um sich einen Start bei den ersten beiden Exklusiv-Events der regulären 2024er-Saison zu sichern. Beim Pebble Beach Pro-Am, das die Phoenix Open ablöst und ein ähnlicher Knüller werden dürfte. Und bei Tiger Woods’ Genesis Invitational im Riviera Country Club. Der Superstar, wie Memorial-Gastgeber Jack Nicklaus ein Gegner von No-Cut-Turnieren, hat sich bei der PGA Tour durchgesetzt und für die Einladungsturniere im neuen Programm (inklusive Arnold Palmer) einen Split vor dem Wochenende durchgedrückt. In den US-Medien heißt es, Woods habe damit bereits seine Ausnahmeposition als sechster und damit mehrheitsbringender Spielervertreter im Aufsichtsrat bestätigt und sich als „Shadow Commissioner“ bewiesen.

Woods für Akquise von frischem Geld dringend gebraucht

Tigers Einfluss ist freilich an anderen Fronten gleichermaßen dringend vonnöten. Wie Michael Bamberger im „Fire Pit Collective“ richtig feststellt, braucht die PGA Tour nach dem Wettrüsten mit der LIV Golf League schnellstmöglich frisches Geld. In Form von Investoren oder von neuen Sponsoren, beispielsweise für die einstige Honda Classic, die jetzt hilfsweise als Classic in the Palm Beaches firmiert. Für Bamberger steht übrigens ohnehin fest, dass die LIV-Liga nicht verschwinden und der Pakt mit dem PIF nicht zustande kommen wird; dass der Versuch der PGA Tour, weitere Abwanderungen zu verhindern, überdies „eine nicht nachhaltige Farce“ ist. Wie auch immer, Woods und der Nimbus seines Namens dürften bei der Kapital-Akquise buchstäblich Gold wert sein.

US-Wildcard eher für DeChambeau als für Thomas?

Zurück zu Justin Thomas. Mit einem Sieg im Herbst wäre der sogar zum Saisonauftakt beim Tournament of Champions auf Hawaii wieder im Elitezirkel dabei. Und dann ist da noch der Ryder Cup, für den die „Fall Series“ nach der Fortinet Championship extra zwei Wochen Pause macht. Die Hoffnung stirbt zwar bekanntlich zuletzt: Doch es sind längst Stimmen laut geworden, die dafür plädieren, dass US-Skipper Johnson eine seiner kostbaren Wildcards eher an „Mr. 58“ Bryson DeChambeau denn an den form-fraglichen Thomas vergeben sollte.

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