Starkregen, Corona, Hitzesommer - irgendwas war immer, wenn die Porsche European Open anstand. Doch dieses Jahr ist alles angerichtet für ein sorgenfreies Golfturnier der DP World Tour vor den Toren Hamburgs. Wenn da nicht der auslaufende Vertrag mit dem Titelsponsor und die Sperre gegen die LIV-Spieler wäre, gäbe es wohl nichts als gute Laune bei Dirk Glittenberg. Der Turnierdirektor und Geschäftsführer des Veranstalters spricht im Interview mit Golf Post über die bestehenden Herausforderungen, neue und alte Stars und die Vision, den Ryder Cup nach Norddeutschland zu holen.
Dirk Glittenberg, Turnierdirektor der Porsche European Open, im Interview
Golf Post: Keine Corona-Beschränkungen, keine Gewitter, keine Hitzewellen - wird das die beste Porsche European Open aller Zeiten?
Dirk Glittenberg: Das ist absolut unser Wunsch! Ganz, ganz wichtig ist natürlich die Wettervorhersage. Die Tage sind perfekt vorhergesagt, perfektes Golfwetter. Auch vor allem nicht zu warm, denn dann hab ich immer Angst, dass die Leute eher an den Strand als auf den Golfplatz gehen hier in Norddeutschland. Es sieht super aus. Der Golfplatz in dem besten Zustand, den wir je gesehen haben, weil es ein feuchteres Frühjahr war und das heißt, wir hatten viel Wasser auf den Fairways und dann kam jetzt Bodentemperatur dazu. Das Riesenrad steht, alles steht, größer als je zuvor. Das Village ist größer als je zuvor, der VIP Bereich ist größeres je zuvor. Wir haben mehr Aussteller als je zuvor. Es ist alles angerichtet. Jetzt brauchen wir am Sonntag noch einen deutschen Sieger, dann wäre es toll.
Golf Post: Wie ist der Ticket-Vorverkauf gelaufen?
Dirk Glittenberg: Wir haben circa 20 Prozent mehr Verkäufe als letztes Jahr zur gleichen Zeit. Letztes Jahr hatten wir auch noch eine Restbeschränkung, dass wir die Tageskasse nicht bewerben sollten. Diese Restriktion gibt es in diesem Jahr nicht mehr, das war im letzten Jahr noch ein Covid-Überbleibsel. Ich glaube, dass viele Menschen abwarten, wer oben steht, wie das Wetter ist und sich dann entscheiden, ob sie zur Porsche European Open kommen. Jetzt haben wir aktiv auch kommuniziert, dass wir wieder ganz normal wie bei jedem großen Event eine Tageskasse haben. Ich hoffe sehr, dass das noch viele Leute bewegt hier her zu kommen.
Golf Post: Was die Leute natürlich auch immer bewegt herzukommen, ist das Spielerfeld. Wie zufrieden ist der Turnierdirektor mit dem, was er den Fans anbieten kann?
Dirk Glittenberg: Ich muss ganz ehrlich sagen, ich freue mich in erster Linie darüber, dass wir vier deutsche Champions haben auf der European Tour. Das hatten wir ewig nicht. Wir haben aber auch andere Top-Spieler: Matti Schmid kann jederzeit hier gewinnen. Wir haben mit Victor Perez, Thorbjorn Olesen und Rasmus Hojgaard drei Jungs, die dieses Jahr Ryder-Cup-Kandidaten sind. Das gilt auch für Rob MacIntyre. Das sind richtig gute Spieler. Wenn wir hier ein, zwei Jungs haben, die dieses Jahr Ryder Cup spielen, bin ich happy. Yannik Paul ist auch noch im Rennen für den Ryder Cup. Besser geht immer, klar.. aber wir sind sehr, sehr glücklich.
"Der Verlust all dieser Super-Spieler für die DP World Tour ist riesig"
Golf Post: Die von dir genannten sind alle Spieler, die erst rückwirkend das Feld aufwerten würden, wenn sie sich für den Ryder Cup qualifizieren. Wie groß ist der Verlust, dass die Ryder-Cup-Legenden, die European-Tour-Legenden, die Zugpferde, die das natürlich auch immer für die Porsche European Open waren, jetzt nicht hier sind?
Dirk Glittenberg: Der Verlust all dieser Super-Spieler für die DP World Tour ist riesig, ist traurig. Wir hätten sie alle sehr gerne willkommen geheißen. Wir sind DP-World-Tour-Partner und wir halten uns natürlich an die Regeln der DP World Tour, aber ich habe immer gesagt, ich hätte mich natürlich sehr gefreut wenn der Martin [Kaymer], der Paul [Casey], Bernd [Wiesberger] oder Talor Gooch gespielt hätten. Sie wollte spielen. Bei denen, die zu diesem Zeitpunkt DP-World-Tour-Member waren, haben wir schon sehr gehofft, dass sie spielen können.
Golf Post: Nach den Sanktionen gegen die LIV-Spieler hat Martin Kaymer ein Interview gegeben und die European Tour als "Feeder-Tour" bezeichnet, meinte die DP World Tour sei von der PGA Tour abhängig und müsste sich von der PGA Tour alles absegnen lassen. Wie blickst du als Turnierdirektor auf solche Aussagen?
Dirk Glittenberg: Martin und wir sind eng befreundet und deshalb haben wir seit Jahren ein gutes Verhältnis miteinander. Ich glaube, Martin war einfach sauer, dass er nicht spielen kann. Er war traurig. Wer Martin kennt, weiß genau, dass er ein Sportler ist, ein sehr ehrgeiziger. Er konnte letztes Jahr wegen seiner Verletzung nicht spielen. Das war sehr schade! Ich habe mit Martin telefoniert. Er wollte unglaublich gerne spielen, er war sehr enttäuscht. Wir haben uns danach auch noch über WhatsApp ausgetauscht und ich glaube, dass viele der LIV-Spieler wirklich gehofft haben, dass sie DP World Tour spielen können und Martin wollte sogar mehr DP World Tour spielen. Das ist jetzt etwas, was die Jungs auf juristischer Ebene klären müssen. Martin Kaymer ist immer herzlich willkommen. Paul Casey ist immer herzlich willkommen und auch Bernd Wiesberger ist immer herzlich willkommen. Ich hoffe sehr, dass die DP World Tour mit der PGA Tour und der LIV Tour irgendwie eine Lösung finden, dass wir all diese Jungs wieder willkommen heißen können.
Golf Post: Wie kann man als Turnier neue Zugpferde etablieren? Welchen Einfluss, welche Möglichkeiten z.B. im Marketing hat man?
Dirk Glittenberg: Einerseits hat die Tour natürlich die Aufgabe ihre Protagonisten zu promoten. Ich nehme in diesem Fall immer gern das Beispiel von der ATP aus dem Tennis, die seit Jahren eine eigene Tour für Unter-21-Jährige mit Finale in Mailand spielen. Alcaraz, Tsitsipas, Tiafoe - alles Jungs, die bei unserem Tennis-Event in Estoril bei unserem ATP 250er gespielt haben. Das sind alles Topstars mittlerweile und da muss die DP World Tour sicherlich noch mehr tun, um ihre jungen Nachwuchsspieler zu pushen. Das machen sie jetzt und dann ist es natürlich auch an uns als Veranstalter diese Namen mit zu pushen. Der Ryder Cup wird sicherlich auch wieder den ein oder anderen Top-Mann hervorbringen und die Saison ist noch nicht zu Ende. Das braucht kommunikativ ein bisschen Zeit. Ich glaube, da gibt es genug Jungs, die charismatische, tolle Golfer sind und Tennis ist das beste Beispiel. Man muss wirklich sagen, es gibt eine Ära Djokovic, Federer, Nadal. Unfassbar tolle Spieler, aber Tennis ist momentan auf einem sehr guten Weg mit ganz vielen jungen Spielern. Holger Rune, Casper Ruud, Stefanos Tsitsipas, Francis Tiafoe, Carlos Alcaraz - alles Jungs unter 25. Da steckt auch viel Marketing dahinter, viel Promotion. Das ist Tour-Aufgabe. Wir können die Plattform bieten, damit die entsprechend Spieler dann promotet werden.
"Wir werden auch sehr bald etwas verkünden können"
Golf Post: Bist du happy mit dem was die Tour da tut bisher?
Dirk Glittenberg: Mehr geht immer. Die Tour muss gerade ganz viele Hausaufgaben machen. Die sind ja im Prinzip auch in einer kontinuierlichen, sehr anstrengenden Auseinandersetzung. Ich hab das schon an die Tour kommuniziert, dass ich mir mehr wünschen würde. Das ist auch angekommen. Wir als Promoter brauchen natürlich den Support der Tour. Wir arbeiten eng mit ihnen zusammen und von daher glaube ich schon, dass das funktionieren wird.
Golf Post: Sprechen wir über die Zukunft der Porsche European Open. Der Sponsorenvertrag mit Porsche endet dieses Jahr. Offiziell laufen die Gespräche. Kannst du hier und jetzt etwas verkünden zur Zukunft?
Dirk Glittenberg: Nein, würde ich gerne, kann ich aber nicht. Wir sind mit Porsche im Gespräch. Wir sind auch mit vielen anderen Partnern im Gespräch. Es gibt ja diese Woche auch schon ein paar neue Partner wie ihr hier seht. Wir sind sehr zuversichtlich, dass es auch im nächsten Jahr eine sehr schöne Porsche European Open geben wird. Wir werden auch sehr bald etwas verkünden können, weil der Tour-Kalender viel früher veröffentlicht werden wird, als alle denken. Wir warten jetzt diese Woche ab. Hier sind ganz viele Menschen diese Woche, die sehr an diesem Event hängen und auch sehr daran interessiert sind. Wir haben ganz viele Leute hier, die mit diesem Turnier noch nie konfrontiert waren, aber Entscheider auf ganz großer Ebene sind. Daher sind wir total zuversichtlich. Porsche hat dieses Turnier geboren und lange betreut und sie hängen auch sehr an diesem Event. Sie haben sicherlich auch strategische Ausrichtungen, die vorgegeben sind, aber wir sind in sehr konstruktiven Gesprächen
Golf Post: Am Sonntag soll auch Keith Pelley, der Chef der European Tour hier her kommen. Muss er noch überzeugt werden, dass das Turnier fortgeführt werden soll?
Dirk Glittenberg: Keith Pelley brauchst du nicht überzeugen. Der ist letztes Jahr schon mit mir Riesenrad gefahren, was wir am Sonntag wieder machen werden. Keith ist ein riesiger Fan des Events, das hat ja auch eine riesige Tradition. Es ist eher für uns wichtig, das wir die European Open in Deutschland halten können. Das Turnier ist sonst sofort weg. Das ist das, was viele Leute nicht verstehen. Es gibt eine Liste von Ländern, die die European Open gerne hätten. Wir müssen uns bemühen, dass wir die European Open in Deutschland halten können. Das ist unsere Aufgabe als Veranstalter aber Keith Pelley ist der letzte, der sagt, die European Open soll nicht in Green Eagle bleiben.
Golf Post: Ich bin etwas überrascht, dass das Turnier mittlerweile wieder so begehrt ist. Es gab ja doch eine relativ lange Pause der European Open, bevor sie in Bad Grießbach wiederbelebt wurde.
Dirk Glittenberg: Ja, das ist ein bisschen so wie mit dem British Masters, das als Titel auch lange im Schrank liegen blieb, bis irgendwann das Event wieder aufbereitet wurde. Es gibt sicherlich auch bei der Tour die Idee, den Kalender zu verkleinern, weil eben der FedExCup mit der PGA Tour so großen Einfluss auf den Kalender und auch die Top-Spieler hat. Da ist ein klarer Rhythmus vorgegeben in den USA, wann welche Events stattfinden. Das heißt, man wird eine sehr intensive Saison sehen, ab der Scottish bis in den Herbst hinein. Es wird andere Events geben, die gut funktionieren. Made in Denmark, European Open, BMW International Open, Dutch Open, die gute Zuschauerzahlen und ein solides Spielerfeld haben. Es ist viel wichtiger für uns, die European Open zu behalten. Das ist für mich momentan entscheidend.
"Wir wollen ganz klar in diese Richtung denken"
Golf Post: Green Eagle bewirbt sich ja auch um den Ryder Cup. Nährt das die Hoffnung, dass das Turnier hier bleibt? Ändert das in irgendeiner Art und Weise das Standing dieses Turniers?
Dirk Glittenberg: Wir sind auch hier, weil wir eine Vision mitverfolgen. Keith [Pelley] wird auch am Sonntag mit uns wieder über viele große Hügel fahren und sich hoffentlich die größte Naturtribüne der Welt angucken. Der ist ja auch Visionär, der Michael Blesch [Eigentümer der Anlage] ist auch ein Visionär. Wir als Veranstalter sind auch Visionäre. Natürlich ist unser aller Ziel 2035 hier den Ryder Cup zu spielen. Es gibt nicht viele Möglichkeiten in Deutschland, wo man sowas schaffen kann. Hier gibt es diese Möglichkeit, auch weil dieser Platz da ist in der Nähe von Hamburg. Von daher wollen wir ganz klar in diese Richtung denken. Das wird auch sicherlich ein ausschlaggebender Punkt sein in der Strategie für die Zukunft.
Golf Post: Glaubst du, dass das auch konkreten Einfluss auf dieses Turnier an diesem Standpunkt hat?
Dirk Glittenberg: Ja, wenn wir dann 2025 auf dem neuen Ryder-Cup-Platz spielen schon, ja. Klar, das ist Grundlage für eine Bewerbung, dass man ein paar Jahre auf dem Platz spielt. Das hat man jetzt gerade bei der Italian Open gesehen. Die Entscheidung ist ja noch lange hin bis 2035. Aber das Schöne ist, Michael Blesch ist verrückt genug, das so oder so zu bauen. Daher glaube ich, dass wir ganz stoisch versuchen mit geballter Kraft, mit allen Menschen, die in Deutschland im Golf arbeiten, irgendwann den Ryder Cup nach Deutschland zu holen. Das ist unser aller Ziel. Danach gehe ich dann in Rente.
Golf Post: Du bist hier Turnierdirektor, aber deine Produktions- und Event-Firma UCOM richtet auch das Ladies-European-Tour-Turnier in Kenia und das in Berlin aus. Inwiefern unterscheiden sich die Events in der Vermarktung, inwiefern gibt es Synergien?
Dirk Glittenberg: Synergien gibt es operativ ganz viele. Wir fahren hier nach dem Turnier weg und fahren nicht nach Hause, sondern Richtung Berlin nach Seddin und bauen dann direkt da auf. Natürlich gibt es da viele Synergien, die du infrastrukturell nutzt. Das Team ist bis auf ein paar Leute das gleiche. Wir werden eine kleine Version dessen, was hier bei der Porsche European Open an der 18 steht, im Golf- und Country Club Seddiner See aufbauen. Natürlich unterscheiden sich die Turniere. Das hier ist riesengroß und das Amundi German Masters ist ein Pflänzchen, das wir gepflanzt haben. Das wollen wir jetzt wässern und düngen, dass es wächst. Ich bin einfach froh, dass wir überhaupt wieder Damengolf in Deutschland haben. Ich hab das jahrelang mit ganz vielen Menschen probiert zu besprechen, das hat nicht funktioniert. Jetzt machen wir es mit einem tollen Partner Amundi, der VcG und dem DGV.