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Ryder Cup

Muss man erlebt haben: Die Faszination Ryder Cup live spüren

29. Apr. 2020 von Jürgen Linnenbürger in Köln, Deutschland

Der Ryder Cup sorgt für unvergessliche Momente für die Fans vor Ort. Die Memoiren des Jürgen Linnenbürger. (Foto: Getty)

Der Ryder Cup sorgt für unvergessliche Momente für die Fans vor Ort. Die Memoiren des Jürgen Linnenbürger. (Foto: Getty)

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Für Reisereporter Jürgen Linnenbürger sind seine Besuche des Ryder Cups unvergleichliche emotionale Erlebnisse und werden von keinem anderen sportlichen Highlight überboten. Er blickt zurück auf die Turniere, bei denen er live dabei war und Siege und Niederlagen aus nächster Nähe verfolgt hat.

Noch heute bekomme ich beim Schreiben dieser Zeilen Gänsehaut, denn spannender und eindrucksvoller kann mein erster Besuch des Ryder Cups 2010 im "Celtic Manor Resort" in Wales nicht verlaufen. Aufgrund des sintflutartigen Regens und der Sturzbäche auf den Fairways wird er einige Male unterbrochen und geht so in die Geschichte ein. Der Cup wird nicht wie üblich sonntags sondern erstmals am Montag vergeben.

Am Tag der Entscheidung kommt die Sonne schließlich doch noch heraus und strahlt für die glücklichen Besucher, die weiterhin dabei sein können. Gefühlt ist fast die Hälfte schon abgereist. Doch der Rest genießt jede Sekunde bis zum letzten Putt.

Über das weitläufige, offene Gelände des "Twenty Ten Courses" hallen die diversen Anfeuerungsrufe. Jeder gute Schlag der Europäer wird frenetisch gefeiert. Als wäre es gestern, erinnere ich mich an "Olé, olé‚ olé …" und an "There are only two Molinari", denn die beiden italienischen Brüder zählen zum europäischen Team. Ein Geschwisterpaar in einem Team - auch das ist ein Novum.

Ryder Cup 2010: An Dramatik nicht zu überbieten

Europa geht mit drei Punkten Führung in die abschließenden Einzel und hält diese bis nach dem siebten Match aufrecht. Doch nach einem Stand von 13:10 kommen die US-Boys zurück und gleichen zum 13,5 aus. Das letzte Match muss nun von Europa gewonnen werden, da eine Punkte-Teilung als Heim-Team für den Gesamtsieg nicht ausreicht.

Wir sichern uns nicht am letzten Loch sondern direkt am Rand des 17. Grüns einen Platz, lange bevor die Paarungen hier vorbeikommen. Und mit dieser Wahl liegen wir goldrichtig, denn Graeme McDowell geht nach einem unglaublichen Putt mit 2Auf auf die 17. Fällt jetzt hier direkt vor uns die Entscheidung? Die enorme Anspannung ist überall zu spüren. Die Luft wirkt wie elektrisiert.

Graeme spielt seinen Abschlag ins Grün. Hunter Mahan lässt seinen auf dem Par 3 kurz und bleibt weniger als 10 Meter davor liegen. Unser Puls rast in die Höhe. Und dann "hackt" Hunter seinen Chip nur bis kurz vor das Grün. Ein Raunen geht durch die Menge. Ist das schon der Sieg für Europa?

Der Nordire platziert seinen Putt in Reichweite zur Fahne. Das Par ist sicher. Unser Adrenalinspiegel steigt weiter und wir halten den Atem an. Jetzt muss Hunter’s Putt sitzen. Doch er verfehlt das Loch denkbar knapp und schenkt Graeme den Putt zum 14,5:13,5 Sieg für Europa.

Und dann geschieht das Unbeschreibliche. Es brechen alle Emotionen. Wir rennen mit hunderten Europäern auf das Grün, umarmen wildfremde Menschen, hüpfen wie die Kinder und rufen immer wieder "Europe, Europe, Europe". What a feeling.

Mit Tiger auf Tuchfühlung

Menschen aus den verschiedensten europäischen Ländern liegen sich in den Armen und beweisen, dass das vereinte Europa kein Traum ist. Ich drehe mich um und schaue direkt in das Gesicht von Tiger Woods. Wahnsinn. Plötzlich steht er neben uns und wir sind von den anderen amerikanischen Spielern umgeben. Sie verziehen keine Miene und wollen einfach nur weg. Wir lassen uns mit ihnen im Strom vom Grün treiben und werden ihre enttäuschten Blicke nie vergessen. Keine Body-Guards und Security-Personal zwischen ihnen und uns. Näher geht nicht.

Martin Kaymer steuert als einer der Rookies mit 2,5 Punkten zum Sieg bei. Bei der Feier auf dem Balkon des Clubhauses des ‚Twenty Ten Courses‘ genießt er seine Premiere aus vollen Zügen und feiert den Moment ausgelassen im Kreis seines Teams.

Siegesfeier 2010 auf dem Balkon des Clubhauses des The PGA Centenary Course (Foto: Getty)

Siegesfeier 2010 auf dem Balkon des Clubhauses des The PGA Centenary Course (Foto: Getty)

Unvergesslich bleibt auch Miguel Ángel Jiminéz auf der Fahrt im offenen Cart zur inoffiziellen Siegesfeier. Zum ersten Mal sehe ich ihn, wie er sein langes, rotes Haar offen trägt. Mit der rot-gelben spanischen Flagge um den Hals strahlt er über das ganze Gesicht. In einer Hand hält er eine dicke Zigarre, in der anderen eine offene Flasche Rotwein. Salute!

Leider ist es streng verboten, Kamera oder Handy mit auf den Platz zu nehmen. Die Kontrollen könnten nicht konsequenter sein. Vor Betreten des Platzes werden wir nach allen Regeln der Kunst gefilzt und haben deshalb keine Chance, eigene Fotos zu machen. So sind die geschilderten Eindrücke ausschließlich in unseren Köpfen. Doch da werden sie ein Leben lang bleiben.

Ryder Cup 2014: Team Europa ohne den sprichwörtlichen Schottengeiz

Vier Jahre später zieht es uns dann nach Auchterarder in Schottland. Kann sich das Spektakel von Wales auf dem ‚The PGA Centenary Course‘ des ‚The Gleneagles Hotel’ wiederholen? Die Organisation ist abermals perfekt. Der Transport in den hunderten Doppeldecker-Bussen, die man aus nah und fern für die Veranstaltung organisiert hat, läuft reibungslos. Von drei Sammelpunkten erfolgt die Fahrt zu den Eingängen, wo wieder die schon bekannten Kontrollen erfolgen.

Diesmal sind wir auch am Practice Day dabei und sichern uns das eine und andere Autogramm. Natürlich darf Martin Kaymer dabei nicht fehlen.

Martin Kaymer mit Fans. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Martin Kaymer mit Fans. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Die Anzahl kostümierter Zuschauer nimmt 2014 weiter zu. Während die amerikanischen Fans sich mit den rot-weißen Stars and Stripes begnügen müssen, überzeugen die Europäer mit Verkleidungen in ihren jeweiligen Landesfarben oder in den Europafarben Blau und Gelb. Der Ryder Cup wird zum Volksfest und nimmt karnevalsähnliche Züge an. Doch bei aller Begeisterung bleibt das Publikum stets sportlich fair. Gute Leistungen werden auch von den gegnerischen Zuschauern honoriert.

Europa Fans in Gleneagles 2014 (Foto: Getty)

Europa Fans in Gleneagles 2014 (Foto: Getty)

Wieder müssen wir uns gut überlegen, an welchen Löchern wir die Turniertage verbringen möchten. Einen Flight vom ersten bis zum letzten Loch zu begleiten, funktioniert bei der riesigen Menge an Zuschauern nicht. Mit der positiven Erfahrung aus Wales entscheiden wir uns auch diesmal dafür, am Finaltag lediglich an drei Löchern die Matches zu verfolgen.

Und wieder haben wir Glück. Denn direkt vor unseren Augen erleben wir, wie Martin Kaymer Bubba Watson 4&2 besiegt und für einen weiteren Punkt für Europa sorgt. Wir jubeln mit der Menge und genießen den großartigen Augenblick.

Martin Kaymers Freude beim Sieg über Bubba Watson (Foto: Getty)

Martin Kaymers Freude beim Sieg über Bubba Watson (Foto: Getty)

 

Erneut erleben wir einen grandiosen Sieg des europäischen Teams, das sich gar nicht schottisch zeigt und diesmal mit 16,5 : 11,5 gewinnt. Wieder peitschen sich die Spieler gegenseitig zu außergewöhnlichen Leistungen an. Allen voran Mr. Ryder Cup Ian Poulter. Allein ihn bei diesem Wettbewerb zu erleben, ist die Reise wert. Wie er sich aufputscht und seine Mitspieler mitreißt, ist wohl einzigartig. Sein unbändiger Wille, seine unglaubliche Konzentration und seine Emotionen begeistern mich jedes Mal aufs Neue.

Ryder Cup 2020: Get into the hole

Zumindest einmal möchten wir den Ryder Cup in Amerika live und das "Get into the hole"  inmitten frenetisch anfeuernder amerikanischer Zuschauer erleben.

Im Rahmen einer Rundreise durch Wisconsin besuchen wir im Herbst 2019 die ‚Destination Kohler‘ am Lake Michigan. Hier soll auf dem ‚Whistling Straits Course‘ im September 2020 das nächste Heimspiel der Amerikaner gegen die Europäer stattfinden. Das Clubhaus ist bereits bestens präpariert.

Der berühmte Silver Putter im Clubhaus des Whistling Straits Course. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Der berühmte Silver Putter im Clubhaus des Whistling Straits Course. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Wir bekommen die Chance, den Platz gleich zweimal spielen zu können. Es ist ein wahrlich außergewöhnlicher Weltklasse-Kurs, der nicht nur durch seine mehr als tausend Bunker besticht.

Die Amerikaner begegnen uns auf unserer Rundreise mit einer ausgesprochen großen Gastfreundschaft. Wir "Germans" werden überall herzlich willkommen geheißen. Dass Wisconsin der Bundesstaat mit den tiefsten deutschen Wurzeln ist, mag sicherlich hierzu beitragen. Auch Martin Kaymer ist in Kohler hoch angesehen. Kein Wunder, denn in 2010 gewann er hier mit der PGA Championship sein erstes Major.

Zu seinen Eindrücken über den Platz hat er mir einige Fragen beantwortet und rät jedem Besucher ‚Ausblicke genießen‘.

Beim Lunch auf der Terrasse des Whistling-Straits-Clubhauses lernen wir ein sehr nettes Ehepaar kennen. Von ihnen erfahren wir, dass die Übernachtungsmöglichkeiten während des Ryder Cups in einem Umkreis von 100 km bereits ein Jahr im Voraus ausgebucht sind. Doch dies soll für uns kein Problem darstellen. Jeff, ein US-Manager wie er typischer nicht sein kann, bietet uns spontan seine Hilfe an. "Don’t worry. I’ll take care of it".

Leider haben wir bisher keine Tickets bekommen, so dass wir wahrscheinlich Jeff’s Hilfe nicht in Anspruch zu nehmen brauchen. Auch das Coronavirus macht die Situation nicht einfacher. Vielleicht klappt es ja doch noch. Aber den Pokal haben wir in Übergröße vor Ort schon mal bestaunen können.

Ryder Cup Pokal in Übergröße vor dem Golf Shop in Kohler, USA. (Foto: Jürgen Linnebürger)

Ryder Cup Pokal in Übergröße vor dem Golf Shop in Kohler, USA. (Foto: Jürgen Linnenbürger)

Man muss es erlebt haben

Ich kann allen Golfbegeisterten nur wärmstens empfehlen, das Spektakel Ryder Cup einmal live mitzuerleben. Es sind nicht nur die sportlichen Höchstleistungen, die einem bei dem Wettkampf zwischen Europa und den USA den Atem rauben.

Der spezielle Austragungsmodus mit den Spielformaten aus Einzel- und Team-Wettbewerben hat seinen besonderen Reiz. Spannung ist an jedem Loch über drei Tage lang gegeben. Die positive Atmosphäre, die Begeisterung der Spieler und die des einzigartigen Publikums machen dieses sportliche Ereignis so grandios. Es lebe Europa.

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