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Saudis wollen die Kraftprobe: Und wie reagiert die PGA Tour auf den Affront?

30. Nov. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Diese 25 Teilnehmer hat das Saudi International bekanntgegeben. (Fotos: Getty)

Diese 25 Teilnehmer hat das Saudi International bekanntgegeben. (Fotos: Getty)

Was für ein Schlag ins Gesicht der PGA Tour: 25 Golfstars, Großkaliber, Young Guns, zweite Garde, stehen im vorläufigen Teilnehmerfeld des Saudi International im kommenden Februar und pfeifen auf den Klassiker AT&T Pebble Beach Pro-Am. Sie entscheiden sich bei ihrem Platzet zugunsten des neuen Flaggschiff-Turniers der von Greg Norman LIV Golf Investments promoteten und von saudi-arabischen Petro-Dollars gepimpten Asian Tour für die Moneten und gegen die Moral.

„Nestbeschmutzer“ riskieren den Bruch

Mehr noch: Sie proben damit den Aufstand gegen die eigene Satzung, die für Starts auf fremden Circuits und bei nicht co-sanktionierten Turnieren ausdrücklich eine Genehmigung der Heimat-Tour vorsieht, deren Teilhaber sie letztlich sind. Die Nestbeschmutzer – anders kann man den „Haufen der 25“ trotz der kontroversen Diskussion um die Vorbildfunktion von Sportlern nicht mehr nennen – riskieren so den Bruch mit Ponte Vedra Beach, wo Commissioner Jay Monahan eine Genehmigung der Anträge bereits ausgeschlossen und den Abweichlern unter ihren Mitgliedern saftige Sanktionen angedroht hat. Überdies brüskieren sie langjährige und wichtige Sponsoren vom Schlage des Telekommunikationsunternehmens AT&T.

Erstaunliche Namen in der Teilnehmerliste

Es ist schmutziges Geld, das muss man nicht zum x-ten Mal deklinieren, mit dem Saudi-Arabien mittels seines Private Investment Fund PIF um jeden Preis Sportswashing betreiben will. Und die Antrittsgelder für Dustin Johnson und Co. sind offenbar hoch genug, um Bedenken in jedweder Hinsicht mit Schubkarren voller Schotter zuzuschütten. Ja, Golfprofessionals sind selbständige Unternehmer und haben damit grundsätzlich die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Andererseits finden sich in der Liste (siehe unten) Namen, denen man bislang ohne Zögern eine gewisse Klarsicht auf Missstände sowie Verantwortungsbewusstsein im Denken und Handeln zugestanden hätte – Henrik Stenson beispielsweise, Louis Oosthuizen, Xander Schauffele, Sergio Garcia, Harold Varner III.

Paul Casey vom Paulus zum Saulus

Oder Paul Casey, der offenbar vom Paulus zum Saulus wurde, nachdem er sich 2019 noch ein Commitment fürs Saudi International mit Hinweis auf die Menschenrechtsverletzungen ausgeschlossen hatte. Dabei ist der Mann UNICEF-Botschafter. Freilich, es bewahrheitet sich der alte Spruch: Jeder ist korrumpierbar; man muss ihm nur seinen ureigenen Preis bieten. Das kann durchaus metaphorisch verstanden werden, aber hier bemisst es sich ganz offensichtlich auf Dollar-Basis. Doch das ist nur die vordergründige Erkenntnis.

„Lassen uns nicht von unseren Zielen ablenken“

Tatsächlich ist die Bekanntgabe des geplanten Felds für das Event im Royal Greens Golf & Country Club der King Abdullah Economic City (3. bis 6. Februar) eine endgültige Kampfansage an die PGA Tour. Die Saudis machen Ernst und legen es auf eine echte Kraftprobe an. Seit Jahren drohten sie mit irgendwelchen Premium oder Super Golf Ligen, eierten indes letztlich bloß herum; jetzt haben sie sich mit ihren aberhundert Millionen für die Asian Tour, dem willigen Helfer Greg Norman und den spielenden Helfershelfern samt deren Managern neu formiert und werfen zuvorderst der PGA Tour den Fehdehandschuh hin.

„Trotz zahlreicher Gegenstimme lassen wir uns nicht von unseren langfristigen Zielen ablenken“, triumphierte Saudi-Arabiens Golf-Chef Majed Al-Sorour in einer ersten Stellungnahme. „Wir sehen diese Entwicklung als einzigen Weg, das wahre globale Potenzial des Golfsports auszuschöpfen.“

Wenn Ihr den Krieg wollt…

Und: „Alle Parteien suchen nach neuen Wegen, um dieses großartige Spiel zu nutzen. Es ist für den Sport besser, wenn der Wettbewerb gesund und respektvoll bleibt und nicht feindselig wird. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“ Doch, schon … Die wahre Botschaft dieser Ansage mit breiter Brust nämlich ist: Bleibt friedlich und akzeptiert einfach was passiert. Wenn Ihr jedoch den Krieg wollt, dann könnt ihr ihn kriegen.“ Zur Erinnerung: Die PIF-Kriegskasse ist mit 500 Milliarden ziemlich gut gefüllt.

Entscheidung bis 30 Tage vor der ersten Runde

Damit liegt der Ball im Feld der PGA Tour. Wie reagieren Monahan und Co. auf den Affront aus Saudi-Arabien? Riskiert der „Commish“ die Spaltung? Die Causa Saudi International hat mit einem Mal mehr Brisanz denn je zuvor und birgt jede Menge Sprengkraft. Das Alibi einer offiziellen Tour jedenfalls zieht nicht; selbst Auftritte auf der Asian Tour sind nicht per se von PGA Tour und European Tour Group sanktioniert. Bis 30 Tage vor der ersten Runde muss eine offizielle Antwort auf die Anträge erfolgt sein.

Monahan steckt in der Zwickmühle

Und mit dem schon von R&A-Chef Martin Slumbers bemühten Wischiwaschi vom Unterschied zwischen einem Saudi-Engagement als Investor in bestehende Strukturen – Beispiel LET – und einer Attacke als Disruptor kann sich Monahan nicht rausreden. Er muss eigentlich eine Exempel statuieren und die „Fremdgänger“ sperren, sonst hat er das Kräftemessen mit den Saudis und ihrem Golfzirkus schon verloren, bevor’s überhaupt richtig angefangen hat. Andererseits würde er damit Zugpferde der eigenen Tour kalt stellen: „D. J.“, Bryson DeChambeau, nicht zuletzt Phil Mickelson. Wie erklärt er das dann seinen Sponsoren. Der Commissioner steckt in der Zwickmühle: Er kann’s nicht durchgehen lassen, er kann gleichermaßen auch nicht ohne seine Stars und Publikumsmagnete. Die Saudis wissen das.

Rechenexempel von Antrittsprämie vs. „Knöllchen“?

Auguren der Szene spekulieren bereits, dass es ausgeht wie das sprichwörtliche Hornberger Schießen. Also windelweich. In „Golfweek“ sprach der brillante Analyst und Kommentar Eamon Lynch davon, dass „Spieler, die ohne Freigabe teilnehmen, wohl nur mit einer Geldstrafe rechnen müssen“. Damit wird die abstoßende Angelegenheit zum reinen Rechenspiel: Antrittsprämie vs. Tour-„Knöllchen“. Kein Zweifel: Die Saudis werden gewiss dafür sorgen, dass die Summen- und Salden-Gleichung für die Abtrünnigen dennoch aufgeht.

Wie viel ist Moral wert, wenn der Mammon winkt?

„Im künftigen Lauf der Geschichte wird sich erweisen, inwiefern die Partnerschaft von Saudi International und Golf Saudi mit der Asian Tour eine neue Ära im Profi-Golf einläutet“, hat Cho Minn Thant, CEO der Asian Tour, seinem Finanzier Majed Al-Sorour heute gestern eilfertig souffliert. Er hat recht, gleichwohl anders als er denkt: Vor allem wird sich zeigen, wie wehrhaft die etablierten Organisationen gegen dubiose Aggressoren sind? Und wie viel Moral wert ist, wenn der Mammon winkt?

Beihilfe zum Sportswashing – die Liste

Um abschließend Ross und Reiter vollständig zu nennen, ist hier die Liste der PGA Tour- und DP World Tour-Stars, die Beihilfe zum Sportswashing leisten und den vierten Durchgang des Saudi International zum bestbesetzten seiner kurzen Geschichte machen wollen:
Abraham Ancer, Adri Arnaus, Rafael Cabrera Bello, Paul Casey, Bryson DeChambeau, Jason Dufner, Tommy Fleetwood, Sergio Garcia, Tyrrell Hatton, Dustin Johnson, Jason Kokrak, Shane Lowry, Graeme McDowell, Phil Mickelson, Kevin Na, Joaquin Niemann, Louis Oosthuizen, Ian Poulter, Xander Schauffele, Adam Scott, Henrik Stenson, Harold Varner III, Jhonattan Vegas, Bubba Watson, Lee Westwood.

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