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Sebastian Heisele zum Karriereende: „Golf ist jetzt Freude, davor war es purer Stress“

24. Jun. 2023 von Maxim Michels in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Sebastian Heisele im Interview mit der Golf Post (Foto: getty)

Sebastian Heisele im Interview mit der Golf Post (Foto: getty)


In Portugal spielte Sebastian Heisele im November 2022 sein letztes Turnier auf der DP World Tour. Anschließend beendete er seine Karriere als Profi. Für die BMW International Open kehrte der 34-Jährige noch einmal auf den Platz zurück, um seinen Abschied zu geben. Mit Golf Post sprach Heisele über das Karrierende, Zukunftspläne und die schönsten Momente seiner Karriere.

Sebastian Heisele im Interview

Golf Post: Sebastian, das letzte Turnier ist jetzt knapp 8 Monate her. Wie ergeht es Dir seitdem und wie lang hat es gedauert, bis Du das Karriereende akzeptiert hattest.

Sebastian Heisele: Das war ein langer Prozess, dass ich mich Anfang 2022 von der Tour verabschieden werde. Ich war nicht in einer Position, in der ich unbedingt meine Karte verteidigen wollte. Ich habe das Jahr davor eigentlich schon keine Motivation mehr gehabt. Wenig gespielt, schlecht gespielt vor allem. Dann habe ich mir im Winter 21/22 gedacht, 'Komm, reiß dich nochmal zusammen'. Ich habe mir neuen Input geholt, dann lief es eigentlich ganz brauchbar an. Aber ich wusste schon, dass 22 das letzte Jahr wird. Dass ich die Kategorie, die ich an sich ja geschenkt bekommen habe, durch diese Verlängerung noch mal mitnehme, aber das wars dann.

Es hat mich da in Portugal nach der dritten Runde so ein bisschen überkommen. Die Frage hat mich eiskalt erwischt. Es war natürlich emotional. Da ist es dann echt angekommen würde ich sagen, aber sonst geht es mir echt prima. Zu der Entscheidung stehe ich zu 100 Prozent, nein zu 110, sogar 400 Prozent. Absolut richtig! Kein Druck, kein Stress, einfach nur Freude. Ich habe ja vorher mal in einem Interview auf die Frage geantwortet: Was bedeutet Dir Golf? Golf ist jetzt Freude, davor war es halt einfach nur purer Stress und Druck und wie gesagt die Freude ist da verflogen. Nach dem Corona Lockdown hat es dann natürlich auch vorne und hinten nicht mehr gepasst.

"Das ist jetzt das Ende"

Golf Post: Das hängt sicherlich am Ende auch alles irgendwie zusammen.

Sebastian Heisele: Im Nachhinein ist es schon interessant, wie es so gehen kann. Ich bin damals nach Frankreich gefahren und es war eine Vollkatastrophe. Da hab ich für mich eigentlich schon gesagt, 'Das ist jetzt das Ende'. Dann habe ich mich aber umentschieden. 'Komm, jetzt noch einmal Vollgas!' Tolle Atmosphäre in Mallorca und Portugal. Und dann stehe ich da auf einmal in Portugal nach drei Runden bei 19 unter Par. Das hab ich nach vier Runden in meiner ganzen Tour-Karriere noch nicht hinbekommen. Ich dachte, 'das kann doch gar nicht wahr sein'. Jetzt spielt man ohne Fokus 19 unter Par. Dann bekommt man natürlich von allen Ecken wieder Nachrichten: 'Hol dir das Ding morgen und gib noch mal Gas!' Dann hab ich mich am vierten Tag fokussiert und schon ging wieder gar nichts.

Golf Post: Wenn Du jetzt mit ein bisschen Abstand zurückschaust. Auf welche Momente bist Du besonders stolz?

Sebastian Heisele: Mein Karriere-Highlight war schon meine Tour-Karte Ende 2016. Da habe ich am letzten Tag noch fünf unter Par gespielt, um überhaupt an eine zu kommen. Ich war auf einem echt sehr, sehr guten Weg Mitte 2019. Auf der Challenge Tour war es dann auch Anfang 2020 richtig gut. Ich war kurz davor, deutscher Ranglistenerster zu werden. Meine Weltranglisten-Position war für mich auch auf einem Hoch. Dann kam Corona und alles ging ganz schnell unter. Das war dann halt traurig, aber ich bin dennoch wahnsinnig stolz auf tolle Ergebnisse. Ich bin keiner der meint, ich bin etwas besonderes. Ich bin einer von vielen, der hier mal eine Chance hatte. Ich hatte ein paar Erfolgserlebnisse, aber nichts besonderes, würde ich sagen.

Golf Post: Gibt es denn Dinge, die Du vermisst?

Sebastian Heisele: Wenig.. Ein bisschen die Atmosphäre, die man hier genossen hat. Die Kameradschaft war ganz cool, aber sonst eigentlich wenig. Weder das Reisen noch die Turniere, noch den Druck, noch den Stress. All das ist schön, hinter mir zu lassen. Hier gegeneinander anzutreten war eine komische Atmosphäre, weil wir hier unsere Buddies um uns haben, mit denen sind wir essen gegangen, haben uns gemeinsam vorbereitet. Wenn es dann donnerstags losging, wollte jeder mich schlagen und ich jeden. Aber sonst war es immer ganz cool, dass ist kaum zu bestreiten.

"Du Idiot, hätte ich es mal versucht"

Golf Post: Wann hat es denn aufgehört, Spaß zu machen Golf zu spielen?

Sebastian Heisele: Gute Frage. Im Lockdown irgendwann.

Golf Post: Also davor ging es noch?

Sebastian Heisele: Ja. Es ist ja immer so: Wenn du halbwegs Erfolg hast, dann ist das gar kein Thema. Aber wenn das ausbleibt, dann fängst du an, dich zu hinterfragen. Was kannst du machen? Du kommst in einen Strudel rein. Alles ist ja auch negativ behaftet. Es war ja auch so, dass Ende oder Mitte 2020 ganz brauchbar war. Es waren gute Ergebnisse dabei. In Wales bei zwei Turnieren, Italien am Ende des Jahres. Dann kam 2021 und ich hatte echt eine depressive Phase und die hilft dir natürlich nicht. Das war für mich der Killer.

Golf Post: Das ging wahrscheinlichen vielen so in der Corona Zeit.

Sebastian Heisele: Als Tour-Committee-Member hab ich natürlich viel mitbekommen und ich glaube, ich war da nicht der einzige, der damit gekämpft hat.

Golf Post: Gibt es denn Dinge, die du bereust oder die du rückblickend anders gemacht hättest?

Sebastian Heisele: Komische, dass Du fragst. Ich stand gestern erst unter der Dusche und habe zurückgedacht und mir genau diese Frage gestellt. Ich weiß noch ganz genau, ich hab in meinem ersten Jahr in Holland die samstags und sonntags Runde mit meinem Kindheitsidol Lee Westwood gespielt. Ich habe bei einem Par-5 dann vorgelegt und erst später kam es mir: 'Du Idiot, hätte ich es mal versucht.' Dann hätte ich das Ding vielleicht gewinnen können. Aber bereuen.. Ich meine, du kannst immer sagen: 'Hättest du mal ein bisschen mehr gemacht.' Aber aktuell weine ich nichts hinterher. Ich hatte hier und da meine schönen Ergebnisse, die mich ein bisschen träumen ließen.

Golf Post: Bedauerst Du, irgendein Turnier nie gespielt zu haben?

Sebastian Heisele: Ich hatte ein paar mal die Chance Wentworth zu spielen, da war ich tatsächlich nie. Das wäre eine Turnierwoche gewesen, auf der ich gerne mal aufgeteet hätte. Da habe ich zweimal abgesagt. Ich habe nie versucht mich für ein Major zu qualifizieren. Vielleicht kommt das nochmal die nächsten Jahre. Ich glaube das sind so die Dinge, die ich vielleicht ein bisschen bereue.

"Damit hätte ich selber nie gerechnet"

Golf Post: Was machst Du heute als Ex-Profi?

Sebastian Heisele: Ich bin jetzt unter anderem als Trainer am Golfclub Wörthsee aktiv. Wer weiß wie lange. Beim bayrischen Sportverband unterstütze ich die Jugendarbeit. Das macht mir Spaß. Ich habe jetzt angefangen, bei Sky zu moderieren. Das macht mir Spaß, ist aber natürlich kompliziert. Es ist gar nicht so einfach wie man sich das vorstellt. Die Bilder wechseln unglaublich schnell, da muss man sich auch erstmal reinfuchsen. Ich schaue sonst natürlich immer, was einem so an Möglichkeiten zufliegt. Ich war ganz überrascht, was für Angebote und Anfragen kamen aus sämtlichen Branchen. Damit hätte ich selber nie gerechnet.

Golf Post: Du hast also Lust weiter in diesem Tour-Umfeld zu arbeiten?

Sebastian Heisele: Ja, ich bin Sportler. Ich hab zwar Architektur studiert, aber ich habe hier im Sport meine Erfahrungen. Es wäre schade das Wissen, das ich gesammelt habe, jetzt einfach wegzuwerfen. Wir sind im deutschen Raum nicht so viele von meiner Sorte. Es hat Leute gegeben, die haben nachgedacht, wie kann man diese Leute integrieren und da ist der Bayrische Golfverband sehr weit. Sowohl ich als auch Bernd Ritthammer wurden mit Kusshand aufgenommen. Der Deutsche Golfverband macht natürlich gar nichts. Moritz Lampert ist der einzige, der da drin ist. Je mehr Menschen von unserer Erfahrung profitieren, umso mehr gibt es, die es probieren wollen.

Golf Post: Du feierst hier bei der BMW International Open dein Abschiedstournier. Wie ist es dazu gekommen?

Sebastian Heisele: Ja, das ging von mir aus. Ich habe Marco Kaussler (Turnierdirektor) angerufen, weil hier hat für mich die Reise auf der Tour angefangen vor vielen, vielen Jahren. Ich glaube, das war das mit Abstand schlechteste Turnier, das ich je gespielt habe. (lacht) Die BMW International Open war überhaupt nicht erfolgreich für mich. Aber aus emotionaler Sicht wäre es schön, meine Karriere hier abzuschließen. Auf heimischen Boden vor Familie und Freunden. Ich habe ein paar bekannte Gesichter, die mich unterstützen. Wahrscheinlich wird man mir danach sagen, 'warum hast du es nicht in Portugal sein lassen? Das war doch ein schöner Abschluss.' Aber für mich war es jetzt noch mal schön, die Möglichkeit zu bekommen. Wir wissen ja, dass es hier wahrscheinlich wieder nichts wird, aber da ging es jetzt eher darum, die gesamte Atmosphäre mitzunehmen. Auch in Hinsicht auf meine Tätigkeit bei Sky noch einmal ein paar Kontakte hier zu pflegen.

Das Interview führte Tobias Hennig

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