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Skurrilitäten, Spleene, Stilbrüche: Das geht gar nicht auf dem Golfplatz

19. Nov. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Achtung, jetzt wird’s ein bisschen persönlich. Jedenfalls was die Geschmacksnote angeht. Das darf mal sein, es muss der guten Ordnung halber bloß ebenso gekennzeichnet werden. Warum die lange Vorrede? Weil in der Folge ein paar Skurrilitäten, Spleene und Stilbrüche im Golf-Kosmos aufgelistet sind, die aus Sicht des Autors – zumeist schmunzelnd oder augenzwinkernd – das Etikett „Geht gar nicht“ verdienen. Ohnehin, und das gehört gleichsam zu diesem einleitenden „Disclaimer“, soll ein jeder nach seiner Façon selig werden, solange dabei niemand sonst behelligt wird oder zu Schaden kommt. Also, hier sind neun „No-Gos“ des subjektiven Golfgeschmacks:

Heiratsantrag auf dem Grün

Die „Tor-Tour“ beginnt mit einem Ritt auf der Rasierklinge zwischen Romantik und rüder Etiketteverletzung: Wer am Ende der Runde auf dem 18. Grün vor der Liebsten aufs Knie geht und aufs Ja-Wort hofft, der hält vor allem mal die nachfolgenden Flights auf. Nur hoffnungslos schwärmerische Geister finden das nicht nervig und würden bei der anstehenden Hochzeit gern mit gekreuzten Golfschlägern Spalier stehen.

Für alle anderen – vermutlich rund 99,99 Periode Prozent – ist es schlicht Slow Play der übelsten Art. In Golfbags finden sich ja die absonderlichsten Dinge, aber ein Verlobungsring gehört einfach nicht rein. Und wenn einer oder ein Paar dem Spiel noch so verfallen sind: Das lässt sich auch anders arrangieren.

Schlägerhauben für die Eisen

Der Inbegriff der Golf-Spießigkeit: Wenn jedes Eisen sorgsam umhüllt ist, vor jedem Schlag betulich entblößt und anschließend sorgsam wieder verpackt wird. Ja, „Iron Covers“ sind auf Reisen sehr nützlich und schützen die Köpfe, wenn das Bag am Flughafen ruppig auf die Förderbänder geknallt wird. Doch auf dem Platz bringen sie wenig bis gar kein Nutzen, das Rumgepusssel verlangsamt allenfalls den Spielfluss über Gebühr.

Das Argument der Geräuschdämmung für die ansonsten beim Gehen im geschulterten Bag klappernden Schläger entfällt ebenfalls: Oder haben Sie Eisen mit Schlägerhauben schon mal woanders gesehen als in Bags, die per Trolley transportiert oder ins Cart gelascht wurden? Eben.

Der Tor vom Tee

Wer kennt sie nicht, die Helden, die mit breiter Brust aufs hinterste Tee klettern und dann mit Mühe das Fairway erreichen, wenn überhaupt? Die Wahl der richtigen Abschlagbox ist ein enzyklopädisches Thema, es hat was mit Selbsterkenntnis und realistischer Einschätzung der eigen Schlag-Fertigkeit zu tun – fernab des dünkelhaften Denkens, dass ein gestandener Mann nun mal nicht vom roten  Damen-Tee oder gar von Orange abschlägt. Die genderdefinierte Einteilung von Abschlägen gehört abgeschafft: Allerorten wird zunehmend nach Platzlängen oder Schwierigkeitskategorien gestaffelt.

Die Faustformel für das dem eigenen Spiel angemessene Tee lautet: Distanz mit dem Eisen 5 mal 36. Dann fliegen die Bälle genau dorthin, wo per Design das Spannungsverhältnis zwischen guten und misslichen Lagen besonders zur Geltung kommt. Und wer dem entgehen will und deswegen risikofreie Abschläge wählt, hat das Spiel eh nicht verstanden.

Sonderwertung Schlägerwerfen

Über Stil und Geschmack soll man bekanntlich nicht streiten, Form- und Farbspektakel bei der Ausstattung sind lässliche Sünden – oder wie sagte der große, 2014 verstorbene Mime Robin Williams einst: „Golf ist eine der wenigen Sportarten, in denen sich ein weißer Mann kleiden kann wie ein schwarzer Zuhälter.“ Damals war man noch nicht so genderkorrekt …

Charakterliche Stilbrüche, will heißen Temperamentsausbrüche freilich sind von der eigentlich unabdingbaren Toleranz nicht erfasst: Wutanfälle, Schimpftiraden, Flüche und sonstiges Lamento, nicht zuletzt die beliebte Sonderwertung des Schlägerwerfens.

Wenngleich Trainerlegende Butch Harmon sogar eine entsprechende, natürlich nicht ernst gemeinte Anleitung zur Förderung der Effizienz verfasst hat und eine „Kunstform“ (Harmon) draus macht: Es gilt Platons Erkenntnis „Beim Spiel kann man einen Menschen in einer Stunde besser kennenlernen, als im Gespräch in einem Jahr.“

Im Trüben fischen

Das Phänomen der Ballangel kommt in Sachen überflüssiges Equipment direkt nach den Schonern für die Eisenköpfe und kurz vor den Schlagzählern. „Reisende soll man nicht aufhalten“, sagt der Volksmund. Das gilt gleichermaßen für Golfbälle. Wenn sich verirrte Kugeln in regelkonformer Zeit finden lassen: Ok, genau dafür gibt es den Paragraphen. Aber im Nirgendwo jenseits des Roughs herumstapfende, durchs Unterholz kriechende oder angestrengt im Trüben fischende Sportkameraden auf fieberhafter Murmelsuche wirken irgendwie lächerlich – zumal, wenn sie offenkundig mehr der Sammelleidenschaft denn dem Spiel frönen.

Ja, Golfbälle sind teuer und jeder hat sich schon beim Versuch erwischt, die Verluste in Grenzen zu halten. Doch bei allem Sinn und Verständnis für Sparsamkeit: Auch im Golf kaschiert„Geiz ist geil“ lediglich Kleingeisterei.

Irgendwann macht’s im Kopf Klick

Ja, die Schlagzähler: Als Kugeln an der Schnur, als Mini-Abakus am Bag, als Rändelrädchen in der Kunststoffhülle – was soll man dazu sagen? Nur so viel: Golf wird bekanntlich zuvorderst zwischen den Ohren gespielt; es ist in erster Linie Kopfsache, mentale Belebung, Gehirntraining. Wenn’s nicht dafür reicht, sich pro Bahn die Schläge bis zum letzten Putt auf dem jeweiligen Grün zu merken oder rekapitulieren zu können, dann empfiehlt sich entweder der Gang zum Pro, weil’s einfach noch zu viele Hits sind. Oder man lässt das Zählen gleich ganz sein und hat einfach Spaß am Spiel. Die Addition kommt automatisch. Oder anders: Irgendwann macht’s auch im Kopf Klick.

Die Frei-Schwinger

Slow Play kann so subtil sein. Dafür muss man nicht übers Fairway schleichen, mit Iron Covers herumpusseln, das Bag an der falschen Stelle platzieren oder langatmig auf dem Grün umher tun. Die Schlagvorbereitung schon kann zeitraubend und nervtötend ausfallen: über den anstehenden Schlag erst nachdenken, wenn man bereits am Ball steht; Unschlüssigkeit bei der Schlägerwahl; scheinbar endloses Zurechtschütteln und Waggeln – schon jetzt dehnt sich für alle anderen, Mitspieler und Folge-Flights, die Zeit wie Kaugummi.

Dann ein halbes Dutzend Probeschwünge. Wieder und wieder die Simulation dessen, was im Ernstfall doch zum Vabanquespiel wird. Weil der Probeschwung ein ganz anderes Momentum hat, weil kein Druck, keine Erwartungshaltung mitschwingt, weil nichts erreicht werden muss. Und so stirbt der Frei-Schwinger denn x-mal in Schönheit, bevorzugt stets mit einem Grasschnitzel, das erst zurückgelegt werden will, bevor noch mal angesetzt wird – wegen der Arbeit am Divot, die ja das Momentum unterbrochen hat. Erneut lockern, wieder visualisieren. Herrje, bereits die Beschreibung macht schläfrig.

Friedhof der Kuscheltiere

Schoner für die Köpfe der Eisen hatten wir schon, jetzt sind die Hüllen für die Hölzer dran – wegen der deutlich empfindlicheren Schlagfläche natürlich absolut zu empfehlen. Aber muss es deswegen gleich eine Puppen-Parade sein, die da aus manchem Bag ragt? Oder eine Art Friedhof der Kuscheltiere? Nur weil Eldrick Tont Woods den Tiger ebenso auf dem Driver zeigt und Rory McIlroy einen Hund favorisiert?

Ja, der Autor bekennt sich schuldig, selbst jahrelang und mit der Sentimentalität persönlicher Gründe einen Löwenkopf überm Driver und einen Elch sowie einen Seeadler auf dem Holz 3 bzw. 5 herumgeschleppt zu haben. Mittlerweile sind es „bloß“ noch schlichte Schlägerhauben mit den Emblemen besonderer Kurse. Wie auch immer: Weniger ist manchmal mehr.

"Friedhof der Kuscheltiere" im Bag. (Foto: Michael F. Basche

"Friedhof der Kuscheltiere" im Bag. (Foto: Michael F. Basche

Der Gürtel-Lappen

Und dann ist da zum Schluss noch der Reinlichkeitsfanatiker, der sein Handtuch per Clip am Gürtel trägt. Das muss man nicht weiter kommentieren:

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