Golf-Stars

Starker Tobak – Tiger Woods hält Golfsport in Palmer-Manier die Bergpredigt

30. Nov. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Tiger Woods hält dem Golfsport die Bergpredigt. (Foto: Getty)

Tiger Woods hält dem Golfsport die Bergpredigt. (Foto: Getty)

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Er spielt nicht, aber die Schlagzeilen gehörten dennoch ihm. Auch eine Pressekonferenz mit Tiger Woods ist ein Ereignis, wiewohl die sportliche Wiederkehr noch warten muss. Der geschundene Körper des 46-Jährigen macht ohnehin jeden aktiven Auftritt zu einer Art Comeback – keiner weiß, wie lange Woods dann durchhält und ob oder wann er wiederkommt, er selbst auch nicht.

Längeres Laufen schier unerträglich

Die Teilnahme an seiner eigenen Hero World Challenge diese Woche auf den Bahamas fällt bekanntlich aus, weil Woods an einer Plantarfasziitis laboriert, einer Entzündung des Bindegewebes an der Fußunterseite, der Sehnenplatte zwischen Fußballen und Ferse. So was entsteht durch Überlastung, strahlt als Schmerz auf Fußsohle und Ferse aus, kann Monate dauern, macht längeres Laufen schier unerträglich. Und eine Turnierteilnahme im Cart schließt Woods ja eh kategorisch aus – auch jetzt wieder –, also bleibt bloß der Rückzug.

 

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Dafür haute der Gastgeber im luxuriösen Albany Resort ein paar verbale Stinger raus, die wie Granaten einschlugen, wenngleich das in diesen Zeiten keine gute Metapher ist. Trotzdem, Woods’ Worte bei diesem denkwürdigen Meeting mit den Medien waren explosiv. Seine Ausführungen erinnerten an Arnold Palmer, die andere Lichtgestalt des Golfsports, und seine legendären Audienzen zum „State of the Game“, eine Art Regierungserklärung: „The King“ holt Hof, referierte, räsonierte und reflektierte über den Zustand des Spiels; es war stets, als stellte der Golfglobus dafür die Rotation kurzfristig ein, um andächtig zu lauschen.

„Greg Norman muss gehen“

Tiger hatte gestern seinen Arnie-Augenblick. In bester Palmer-Manier hielt der Superstar dem Golfsport die Bergpredigt – und es war starker Tobak. Also sprach Woods:

Eine Verständigung mit LIV Golf sei kaum möglich, solange Greg Norman beim Konkurrenz-Konstrukt am Ruder stehe, ergo: „Greg muss gehen.“ Das hatten vor ihm schon Rory McIlroy und etliche andere Golf-Insider reklamiert.


„Es gibt nur eine Chance auf Verhandlungen, wenn die Parteien ihre jeweiligen Rechtsstreitigkeiten aussetzen. Solange man vor Gericht zu gewinnen glaubt, gibt es keine Bereitschaft, sich an einen Tisch zu setzen, zu verhandeln und zu versuchen, eine Lösung zu finden. Aber ich denke, dass Greg [Norman] zuallererst gehen muss. Erst dann können alle frei reden.“

Tiger Woods über ein mögliches Miteinander von PGA Tour und LIV Golf


Die PGA Tour habe unter Corona ebenso gelitten wie der Rest der Welt und den Ausstand sowie die dann folgenden Einschränkungen für den Spielbetrieb nur dank der enormen Rücklagen überstanden: „Ein weiteres Pandemie-Jahr hätte die Tour nicht überlebt.“


„Die PGA Tour hat während der Pandemie einen enormen Kredit aufgenommen. Hätten wir ein weiteres Jahr Stillstand gehabt, hätte die Tour es nicht geschafft. Als es im Sommer 2021 weiterging, konnten wir das Geld für die bekannten Preisgeld- und Boni-Steigerungen verwenden.“

Tiger Woods über die PGA Tour und Corona. Spricht da der „Shadow Commissioner“?


Und so ging es mit außergewöhnlichen Aussagen munter weiter; die Zuhörer mochten zwischendrin ihren Ohren kaum trauen.  Das Official World Golf Ranking (OWGR) stecke „voller Fehler“ – womit sich Woods auf die Seite des OWGR-Kritikers Jon Rahm stellt. Die LIV-Liga wiederum basiere lediglich auf Geld und habe keine Werte. Tiger ließ nichts aus.


„Wenn das Starterfeld bei der DP World Tour Championship stärker ist als beim Parallelturnier der PGA Tour auf Sea Island, aber weniger Weltranglistenpunkte bekommt, dann ist das System ganz offensichtlich fehlerhaft. Wir müssen uns mit dem OWGR-Direktorium zusammensetzen und irgendwie ein besseres System finden als das jetzige.“

Tiger Woods über die Unwucht im OWGR


 

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„Sie [die Saudis] haben dieses Jahr wohl fast zwei Milliarden Dollar für LIV Golf ausgegeben. Wer sagt denn, dass sie nächstes Jahr nicht vier oder fünf Milliarden Dollar ausgeben können? Es ist eine unerschöpfliche Geldgrube. Aber auch das schafft nicht unbedingt sportliche und historische Werte, ein Vermächtnis. Wenn man sich mit Ben Hogan, Sam Snead oder Jack Nicklaus vergleichen will, kann man das nur auf der PGA Tour.“

Tiger Woods über die Konkurrenz der LIV-Liga


Dafür lobte er Rory McIlroy als „echten Anführer“ und freut sich auf „The Match VII“, das er nächste Woche Samstag (10. Dezember) in Florida mit dem Nordiren und Weltranglisten-Ersten gegen Justin Thomas und Jordan Spieth bestreitet – so die Fasziitis das zulässt.

„Kriegsrat“ hinter den Kulissen von „The Match“?

Während sich das hochkarätige Quartett über zwölf Löcher duelliert, soll nach Informationen des „Daily Telegraph“ hinter den Kulissen ein nicht weniger illustres Gipfeltreffen stattfinden: Angeblich wollen sich PGA-Tour-Commissioner Jay Monahan, DP-World-Tour-Chef Keith Pelley, USGA-Boss Mike Whan, R&A-CEO Martin Slumbers und sein Kollege Seth Waugh von der PGA of America zum „Kriegsrat“ gegen LIV Golf treffen. Womöglich wird auch Fred Ridley, der Vorsitzende des Augusta National Golf Club, mit von der Partie sein.


„Was Rory [McIlroy]sagt und tut ist eines echten Anführers würdig. Rory ist der wahre Leader auf der Tour. Er ist in der Lage, so klar zu denken und so eloquent zu sein  und gleichzeitig Turniere zu gewinnen – die Leute haben keine Ahnung, wie schwierig das ist.“

Tiger Woods über die Bedeutung von Rory McIlroy, dem ersten Paladin der PGA Tour


Wie auch immer: Tiger Woods wird im Pelican Golf Club in Belleair definitiv ein Cart nutzen; die Wagen sind eh Bestandteil der „The Match“-Choreographie.

Und dann ist da noch der eher bittere Teil von Tigers Offenbarungen: Der Zustand seines rechten Beins, das bei dem fürchterlichen Verkehrsunfall im Februar 2021 so sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde, seine Fitness insgesamt.

„Von diesem Bein ist nicht mehr viel zu erwarten“

Auch in dieser Hinsicht war Woods unverblümt und schonungslos, in Teilen durchaus bewegend, weil er aus seinem Herzen keine Mördergrube machte: „Von diesem Bein ist nicht mehr viel zu erwarten. Das reicht gerade mal noch für die Majors und ein, zwei andere große Turniere.“


Ich kann immer noch jeden Schlag spielen, denn ich brauche. Ich kann bloß nicht laufen, das ist mein Problem. Ich habe mir vorgenommen, auf jeden Fall die Majors zu spielen – vielleicht noch ein, zwei weitere bedeutende Turniere. Das war’s. Mehr ist nicht mehr drin, mehr gibt dieses Bein nicht her. Und vielleicht ergibt sich ja aus heiterem Himmel die Chance, noch mal was Großes zu gewinnen. Wenn es so kommen sollte, erinnere ich mich dann hoffentlich daran, wie man einen Sieg dann auch tatsächlich einfährt.“

Tiger Woods über seine sportliche Zukunft


Immerhin. Es war auch schon mal viel schlimmeres, ganz anderes zu befürchten. Doch bei allen Verletzungen und Verschleißerscheinungen hat Tiger Woods die Golfwelt mit seiner Resilienz und seinem Ehrgeiz stets eines Besseren belehrt. Ihn nie abzuschreiben ist ein Mantra, das zuvorderst Freunde und Vertraute wie Justin Thomas oder Notah Begay immer wieder singen.

Die Open 2030 bleibt ein Ziel

Deswegen hat der Superstar auch lediglich ins Publikum gewinkt und ist bei der 150. Open im Juli nicht auf der Swilcan Bridge stehen geblieben, um Adieu zu sagen. Das weltälteste Major auf dem Platz, den er vor allen anderen Kursen so sehr liebt, bleibt ein Ziel. 2030 ist St. Andrews auf der Rota wieder an der Reihe: „Ich will das verdammte Ding immer noch gewinnen.“


 

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„Ich weiß nicht, wie dieses Bein in acht Jahren aussehen wird. Hoffentlich ist es dann überhaupt noch dran. Aber wir werden sehen. Ich will nicht einfach auf dem Old Course spielen, um mich dort bloß zu verabschieden. Ich will dorthin zurückkehren und das verdammte Ding gewinnen. So, wie ich es mir dieses Jahr schon zugetraut haben.“

Tiger Woods über sein Lieblingsmajor auf seinem Lieblingsplatz


Apropos Gewinn: Die Tomorrow Golf League (TGL), mit der Woods, McIlroy und ihre investitionsfreudigen Mitstreiter ab 2024 die virtuelle Version des Spiels auf eine neue Ebene hieven wollen, nimmt allmählich Konturen an. Soeben haben Jon Rahm und Justin Thomas offiziell ihre Teilnahme am Stadionspektakel erklärt und vertraglich besiegelt. Da waren’s schon vier. Es ist wohl zu erwarten, dass künftig die TGL-Neuzugänge ebenso enthusiastisch proklamiert werden wie Greg Norman seit einem Jahr seine Personalien promotet.


Derweil ist der PGA Tour ein fest im Kalender verankerter Austragungsort abhanden gekommen. El Camaleon in Mexiko, 16 Mal Schauplatz der World Wide Technologies Championship at Mayakoba, wechselt die Farbe – Nomen es Omen – und läuft zur Konkurrenz über. Der Club bereitet im kommenden Februar dem LIV Golf Mayakoba die Bühne, das vermutlich als Saisonauftakt der auf 14 Events erweiterten LIV-Liga fungiert. Irgendwie verwundert das freilich nicht: Greg Norman hat den Parcours mit der Bunkerhöhle ja immerhin konzipiert.

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