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Wenn das nächste Woods-Wunder die „Silly Season“ zum Spektakel macht

16. Dez. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Tiger Woods gibt sein Comeback bei der PNC Championship. (Foto: Getty)

Tiger Woods gibt sein Comeback bei der PNC Championship. (Foto: Getty)

Tiger Woods hat einen schönen Begriff geprägt, als er während der Hero World Challenge auf den Bahamas über den aktuellen Stand seines Golfspiels sprach. „Für ,Hit and Giggle’-Runden reicht es“, sagte der Turniergastgeber. Schlagen und albern sein, einfach rumklickern und kichern, bloß Spaß haben, fernab von den Anforderungen und vom Ernst des Profigeschäfts. Seine Gesprächspartner in der NBC-Kommentatorenbox reagierten prompt: Die PNC Championship am Wochenende vor Weihnachten sei doch genau so ein „Hit and Giggle“-Turnier.

Medien- und Fanspektakel sondergleichen

Wenige Tage später bestätigte Woods, was die Spatzen angesichts seiner Übungseinheiten auf der Driving Range des Albany Golf Club bereits von den Dächern gepfiffen hatten – die Teilnahme mit Filius Charlie beim Scramble über den Grande Lakes Course des Ritz-Carlton Hotels in Orlando/Florida. Heute ist es soweit, der 16. Dezember gilt als offizieller Auftakttag, die 20 Teams mit dem Titelverteidiger Duo Justin und Mike Thomas an der Spitze schreiten zur (Trainings-)Tat. Ganz große Namen sind im Feld: Indes, erst die späte Nennung von Team Woods macht aus dem Final-Event der „Silly Season“ des US-Golfjahrs ein Medien- und Fanspektakel sondergleichen.

Normalerweise greifen die Stars bei Veranstaltungen wie Greg Normans QBE Shootout oder eben der „PNC“ noch ein bisschen Weihnachtsgeld ab, doch schon vergangenes Jahr stand das Familienfest dank Charlies Weltbühnen-Debüts an Papas Seite besonders im Fokus. Heuer schaut der Golfglobus noch mal mit ganz anderer Faszination hin, wenn sich zwei Wochen vor dem 46. Geburtstag des 15-fachen Majorsieger das nächste Woods-Wunder entfaltet.

„Nahezu unermesslicher Werbewert“

Die gesamte Journaille steht Kopf. Fachportale eröffnen ihre täglichen Newsletter mit dem Hinweis „Nein, Tiger spielt erst ab Samstag“ oder beschäftigen sich episch mit dem Umstand, dass der Superstar wohl einen Prototypen seines Ballausrüsters Bridgestone und den neuen „Stealth“-Driver von TaylorMade einsetzen könnte. Den Veranstaltern flatterten so viele Akkreditierungsanträge ins Haus, dass im Hotel ein zweites Pressezentrum eingerichtet werden musste. Und Lou Cestello, der beim Finanzdienstleister und Titelgeber PNC fürs Sponsoring zuständig ist, spricht von einem „nahezu unermesslichen Werbewert“: „In Sachen Popularität lässt Tiger einfach jeden Deckel vom Topf fliegen.“

Charlie spielt auf Scratch-Level

Apropos Samstag: Zwar geht das reine Turnier über zwei Tage, doch Woods hat sogar zugesagt, das morgige Pro-Am mitzuspielen. Der Modus kommt ihm ohnehin entgegen. Beim „PNC“-Scramble schlagen die Partner jeweils ihren eigenen Ball, spielen nach dem Abschlag jedoch stets von der Stelle der günstigst platzierten Kugel weiter.

Bereits 2020 profitierte Team Woods von der frühreifen Schlagfertigkeit des Juniors – ohnehin ein Ebenbild seines Vaters –, der bei Neun-Loch-Jugendwettspiele regelmäßig mit Unter-Par-Ergebnissen gewinnt, mittlerweile auf Scratch-Level agieren dürfte, aber dank seines Alters von nunmehr zwölf Jahren trotzdem von den vorderen Tees spielen darf. „Für meinen Sohn ist der Kurs echt kurz“, bestätigte „Big Cat“ dieser Tage. „Von da, wo ich aufteen muss, eher nicht. Als ich neulich mit Justin Thomas ein paar Bälle probierte, habe ich allenfalls halb so weit geschlagen wie er.“

Volle Belastung zu gefährlich für das rechte Bein

Vor zwölf Monaten steuerte Charlie fast die Hälfte der Abschläge zum Ergebnis von -20 und dem siebten Platz bei; diesmal dürfte es eher mehr werden, denn Daddy ist in Sachen Schwungtempo allenfalls bei 80 Prozent. „Mehr zu versuchen, wäre eine zu gefährliche Belastung für das gerade verheilte rechte Bein“, sagte Tiger Woods vor zwei Wochen und erzählte in einem Atemzug von seiner Verwunderung, „dass ich den Einschlag meiner Bälle auf dem Fairway hören kann, weil sie nicht so weit wie gewohnt fliegen“.


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„Copy Cat“ Charlie mit seiner Schlaglänge wird ihm den Druck vom Driver nehmen und den Ball in die Wedge-Distanzen bugsieren, Tiger darf sich getrost auf sein kurzes Spiel und auf die Grüns fokussieren. „Chippen und putten kann ich, auch einen Par-3-Platz spielen,“ sagt er.

Der Rekonvaleszent und die alten Herren

Allerdings wird wahrscheinlich ohnehin ein eher kurzes Set-up des Grande Lakes Courses ausgesteckt, denn neben dem Rekonvaleszenten Woods sind ja eine Menge alte Herren am Start: Gary Player beispielsweise feierte am 1. November seinen 86. Geburtstag, Lee Trevino wurde am 1. Dezember 82.

Womöglich wird Woods sowieso ein Cart nutzen, um seine Kräfte zu schonen. Erlaubt ist es, und Pfiffikus Charlie hat dem seinen Segen erteilt, als er zwinkernd auf seine brillante Vorstellung von 2020 anspielte: „Ich hoffe, sie lassen meinen Dad fahren, denn ich habe immer noch Rückenschmerzen davon, dass ich ihn über den Platz tragen musste.“


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Damals schauten im Schnitt täglich 1,5 Millionen Menschen via TV dem Vater-Sohn-Happening zu – eine Verdreifachung der 2019er-Einschaltquoten. Wetten, dass es am kommenden Wochenende noch mal deutlich mehr sein werden, wenn der Tiger vollbringt, was niemand für möglich gehalten hätte, erst recht nicht bereits in diesem Jahr – eine Art Auferstehung. Die wievielte seiner Karriere eigentlich, nach all den schweren Knie- und insbesondere Rückenschäden sowie anderen Niederschlägen in den vergangenen knapp 15 Jahren?

Die sieben Leben einer Katze

Zur Erinnerung: Am 23. Februar, zwei Tage nach seinem Genesis Invitational im Riviera Country Club von Los Angeles, war Woods in seinem SUV auf dem Weg zu einem Filmdreh mit fast 130 Stundenkilometern – dem doppelten der erlaubten Geschwindigkeit – aus der Kurve des Hawthorne Boulevard in Rancho Palos Verdes/Kalifornien geflogen, hatte dabei sein Auto und vor allem sein rechtes Bein zerstört, hätte letzteres beinahe verloren.

Offene Brüche des Schien- und Wadenbeins, Gehirnerschütterung, Kieferverletzungen, Prellungen im Brustkorb, Verletzung des rechten Sprunggelenks lautete die Diagnose des Grauens. Zehn Monate später absolviert dieser Mann erneut den ersten Golfwettbewerb: Der Tiger verfügt offenbar wirklich über die sprichwörtlichen sieben Leben einer Katze.

„Was für eine Maschine!“

Für seine Kollegen immerhin kommt das nicht überraschend. „Wer kann so was schaffen, wenn nicht er?“, gab Kumpel Justin Thomas zu Protokoll. „Ich platze fast vor Begeisterung.“ Twitter-König Max Homa tönte im Kurznachrichtendienst: „Was für eine Maschine!“ Und für Bubba Watson lohnt sich das Mitmachen „allein, um Tiger wieder spielen zu sehen“.

Santa Claus verkleidet sich als John Daly

Ach übrigens: Der Weihnachtsmann ist ebenfalls dabei – oder besser Santa Claus, wie die Amerikaner ihn nennen. Passend zu Datum. Verkleidet als John Daly. Das wird ein großer Spaß, für Beteiligte wie Zuschauer.

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