Golf in Deutschland

Trotz des Regens: Grundwasser ist ein knappes Gut – Golfanlagen sind gefordert

26. Mai. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Perfekte Symbiose: Mit einem effizienten Wassermanagement wie im Ostsee Golf Resort Wittenbeck an der Mecklenburger Bucht sind Golf und das kostbare Nass kein Widerspruch. (Foto: Michael F. Basche)

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Erst Corona, dann Krieg. Inflation und Kostenkrise. Deutschland offiziell in der Rezession. Klimawandel sowieso. Die Hiobsbotschaften häufen sich. Der eine apokalyptische Reiter ist noch nicht am Horizont verschwunden, da trabt bereits der nächste an. Neulich wurden an dieser Stelle der Lagebericht des Weltklimarats IPCC zur globalen Erwärmung oder die „Klimapressekonferenz“ des Deutschen Wetterdiensts (DWD) erwähnt.

Heißer Sommer und Rekord-Hitzewellen

Jetzt befürchten Meteorologen beispielsweise vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven oder vom Institut für Meteorologie der Universität Leipzig für 2023 sowie 2024 globale Rekord-Hitzewellen. Die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), die Wetter- und Ozeanografiebehörde der USA, prognostiziert einen Sommer 2023 in Deutschland und in Europa, der zu den drei wärmsten seit 1881 gehören könnte. „Schuld“ sind der menschengemachte Klimawandel und das erneut erwartete natürliche Wetterphänomen El Niño. Experten wie Dr. Karsten Rinke vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Magdeburg rechnen nicht von ungefähr alsbald mit Konflikten um die Nutzung des längst kostbarsten Naturguts der Welt – Wasser.

Der Regen und die Grundwasserleiter

Wie jetzt, wird der eine oder andere fragen, es regnet doch dauernd irgendwo? Mag sein, aber dieselbe Kurzsichtigkeit ließ den Menschen Landschaften versiegeln, Flüsse kanalisieren, hydrologische Naturhaushalte manipulieren. Wenn das Wetter der Welt Regen beschert, dann versickert das Nass nicht mehr, sondern fließt über ausgetrocknete oder verdichtete Oberflächen bloß ab, wird bei Starkregen-Ereignissen zur Sintflut, die alles auswäscht, wegspült, Bäche in reißende Flüsse und Flüsse in Katastrophenverursacher verwandelt, siehe die Flut im Ahrtal oder die Überschwemmungen in Oberitalien. Wann gab’s zum letzten Mal tagelangen sanften Landregen, der den Boden wieder aufbereitet, damit dieser das Wasser dahin leiten kann, wo es eigentlich hingehört: unter die Erdoberfläche, in die als Grundwasserleiter bezeichneten Gesteinsschichten.

Spiegel in den Grundwasserspeichern zu niedrig

Lange Vorrede, erschreckendes Fazit: Deutschland kommt das Grundwasser abhanden. Will heißen: Die Spiegel sinken oder sind per se zu niedrig, allüberall wird Alarm geschlagen. In Mecklenburg-Vorpommern ruft Umweltminister Till Backhaus trotz der vielen Niederschläge zum Wassersparen auf, weil der Regen oberflächennah abfließe und die Flüsse und die Seen fülle, „aber nicht die Grundwasserspeicher, wo wir das Wasser eigentlich haben wollen“ (Quelle: Norddeutscher Rundfunk/NDR). Aus Bayern wird ähnliches gemeldet, einige Messstellen haben historische Tiefststände. In den anderen Bundesländern sieht’s wohl kaum besser aus.

Speicherteiche und Hitzesommer

Ja, hatten wir schon, stimmt. Mehrfach. Doch es ist nicht oft genug zu wiederholen. Weil das Thema H2O für den Golfsport beziehungsweise die Golfanlagen eine tickende Zeitbombe ist. Nicht bloß wegen immer stärker gestutzter Entnahmegenehmigungen und drohender Knappheit beim Beregnungswasser, vor dem selbst jene nicht gefeit sind, die auf ihre Speicherteiche vertrauen. Siehe Hitzesommer: Was nützen all die Quadratmeter Seenfläche, wenn die oberen Wasserschicht unterm Sonnenglast in zweistelligem Prozentsatz verdunstet? So tiefe Teiche kann keiner ausheben, um dem zu entrinnen.

Teichlandschaft im Ostsee Golf Resort Wittenbeck an der Mecklenburger Bucht. (Foto: Michael F. Basche)

Überflüssige Wasserverschwender?

Damit nicht genug, wandelt die Golfergilde auch in der öffentlichen Wahrnehmung auf einem sehr schmalen Grat. Erst recht, seit die Bundesregierung im März die Nationale Wasserstrategie beschlossen hat. Da nützt es wenig, auf die Wassermassen zu verweisen, mit denen in der Landwirtschaft vielfach Äcker und Weiden aus vorsintflutlichen Beregnungs-Artefakten förmlich überschwemmt werden. Nahrungsmittelerzeugung ist nun mal sakrosankt. Die Golfer in ihren vermeintlichen Luxus-Refugien sind es nicht. Sie rücken als überflüssige Wasserverschwender – was für ein Wortspiel – jeden Tag mehr in den Fokus, mit dem sich der Sommer und der erneute Wassermangel nähern.

30-Millionen-Forschungsprojekt der USGA

An dieser Stelle lohnt sich ein Blick über den großen Teich: In den USA hat der Golfverband die Dringlichkeit und Brisanz erkannt und ein mit 30 Millionen Dollar ausgestattetes Forschungsprogramm  zur Reduzierung des Wasserverbrauchs auf Golfanlagen gestartet. „Die langfristige wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit von Golfplätzen […] steht auf dem Spiel, wenn der Golfsport dieses wichtige Thema jetzt nicht vorantreibt“, sagt USGA-Chef Mike Whan. „Der Wettbewerb um die Wasserressourcen wird mit steigender Bevölkerungszahl zunehmen“, ergänzt Cole Thompson als Direktor für Rasen- und Umweltforschung der USGA. „Wir hoffen, die Branche mit diesem Projekt weiter in Richtung Wasser-Effizienz führen zu können.“

„Die Klimakleber kommen näher“

Der Zündstoff in der Causa Wasser ist auch hierzulande offensichtlich. Die Aktivisten, die in Frankreich Fahnenlöcher mit Beton verfüllten oder in der Schweiz aus Grüns Gemüsebeete machten, sind keine entfernten Exoten. Eben sowenig wie Kriege oder Naturkatastrophen, die man vor der Ahr-Tragödie und dem Überfall der Ukraine nur als weit entfernte Schrecknisse aus den Nachrichten mit ihrem Stakkato schlechter Nachrichten wahrgenommen hatte. „Die Klimakleber kommen näher“, unkte dieser Tage ein Headgreenkeeper im Gespräch mit Golf Post, der aus nachvollziehbaren Gründen ungenannt bleibt. Der Golfsport wird sich solchen Debatten stellen müssen. Und er ist gut beraten, überzeugende Antworten zu haben, die sich aus der Praxis belegen lassen.

Eigenständiges Megathema

Also, die Golfanlagen sind gefordert. Wassermanagement ist kein Subnavigationspunkt des Klimawandels oder der Nachhaltigkeitsnotwendigkeit mehr, sondern ein eigenständiges Megathema. Freilich, noch ist die Lage nicht hoffnungslos. Fernab des naheliegenden Versuchs, einfach weitere Speicherteiche anzulegen, besteht – dem technischen Fortschritt sei Dank – eine Mannigfaltigkeit an Möglichkeiten, die von „maßgeschneiderten“ Rasensorten und -mischungen bis zur Drohnenüberwachung thermischer und hydrologischer Befindlichkeiten des Bodens oder Feuchtigkeitsfühlern in den Grüns reicht. Fachleute wie Trevor Norris von der irischen Beratungsfirma TurfGrass jonglieren mit jedem Wassertropfen wie die Äquilibristen des chinesischen Staatszirkus mit ihren rotierenden Tellern. Der Deutsche Golf Verband (DGV) bietet Tipps und Hilfestellung an und hat ein „Leitbild zukunftsfähiges und ressourcenschonendes Bewässerungssystem“ entwickelt.

Bis auch der Letzte braunes Gras akzeptiert

Golf Post möchte es sich zur Aufgabe und sozusagen zur persönlichen Angelegenheit machen, in loser Folge Best Practices vorzustellen, im Wortsinn bemerkenswerte Beispiele für Wassermanagement und Ressourcenverantwortung. Die beispielhaften Anlagen und Unternehmen haben eine Darstellung verdient, weil sie die Zeichen der Zeit erkannt haben und als Vorreiter unbedingt zu würdigen sind.

In der Golfszene tut Aufklärung ohnehin bitter Not, bis sich auch der letzte Fan der Bundesgartenschau namens Masters im Augusta National Golf Club nicht mehr über braunes, weil schlafendes Gras auf der heimischen Wiese beschwert. Was das Greenkeeping im Übrigen vom Masochismus befreien könnte, wider besseres Wissen die Grün-Hybris der Mitgliedschaft zu befriedigen – koste es an Wasser und Dünger, was es wolle. Und dem fragilen Status des Golfsports in der breiten Öffentlichkeit würde es – bei entsprechender Kommunikation – ebenfalls ganz gewiss nicht schaden: mehr Akzeptanz, weniger Anachronismus.

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