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Wenn Poppy McIlroy, Sam Kaymer und Sammy Spieth bald gemeinsam auf Tour gehen

20. Jan. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Der Kindergarten der PGA Tour. (Foto: Getty)

Der Kindergarten der PGA Tour. (Foto: Getty)

Profigolfer sind privilegierte Menschen - jedenfalls ab einer gewissen Namhaftigkeit, die mit Erfolg und/oder geschickter Vermarktung einhergeht. Sie dürfen auf Plätzen spielen, von denen Otto-Normal-Golfer vielfach allenfalls träumen, bekommen ständig neue Schläger, leiden nie unter Bällemangel, werden in schicken Autos aka Courtesy Cars chauffiert, scheffeln selbst ohne Turniersieg Millionen und kriegen neuerdings sogar Sponsoren vermittelt. Kurz: Man trägt ihnen den Allerwertesten hinterher. Windeln wechseln inklusive.

„Daycare“ aka „Golf-School“

Also beim Nachwuchs – nicht, dass es da Missverständnisse gibt. Der offizielle Name dieses Teils vom Rundum-Sorglos-Paket lautet „Daycare“, im Spieler-Jargon ist es die „Golf School“, das Programm von PGA Tour und LPGA für die Kids ihrer Aktiven.

Krippe, Krabbelgruppe, Kindergarten: Bei jedem Turnier hat die ausrichtende Anlage entsprechende Räumlichkeiten zur Nachwuchs-Betreuung bereit zu stellen; beide Circuits beschäftigen dafür fest angestelltes und entsprechend ausgebildetes Personal; die Ausstattung fürs „Kinderzimmer“ – von Stühlen, Tischen und Betten bis Spielzeug, fast drei Tonnen schwer – reist per Truck im Tour-Tross mit und bildet dadurch eine Wohlfühl-Konstante, eine vertraute Umgebung an immer anderen Orten.

„Ich weiß, dass die Kids glücklich sind“

„Unser Lifestyle hört sich für Außenstehende vielleicht gut und sehr verlockend an, doch das andauernde Reisen und die ständige Abwesenheit von zuhause fordern einer Ehe und einer Familie gleichermaßen eine Menge ab“, relativiert Profi-Veteran Stewart Cink. „Angebote wie ,Daycare’ erleichtern vieles. Sie nehmen einem nicht allen Stress, aber sie reduzieren die Belastungen erheblich.“

Folglich gehen nicht nur die Papas und Mamas auf Tour, sondern demnächst auch Poppy McIlroy, Sam Kaymer, Sammy Spieth, Makenna Wie West oder Emery Lincicome. „Ich denke überhaupt nicht über meine Kinder nach, während ich auf dem Golfplatz bin und meine Frau Dowd mir vielleicht am Rande der Fairways folgt“, sagt beispielsweise der fünffache Vater Webb Simpson. „Ich weiß einfach, dass sie bestens versorgt und glücklich sind.“

„Hilfe beim Prozess, eine gute Mutter zu sein“

Nun ist es nicht so, als ob sich junge Eltern wie Jon Rahm und Kelley Cahill oder Rickie Fowler und Allison Stoke für Kepa bzw. Maya keine Nanny leisten könnten. Aber das bedeutet mehr logistischen Aufwand und eine größere Entourage, ganz abgesehen von der Bereitschaft des Personals, den Job fern der Heimat auszuüben und dafür auf elementare Bestandteile des eigenen Lebens zu verzichten.

Und warum kompliziert, wenn es dank der „Family Centers“ deutlich einfacher geht? „Wir werden alle mit einem unnatürlichen Leben als junge Mütter konfrontiert, die permanent auf Achse sind“, betont Chesson Hadleys Frau Amanda. „Die Kinderbetreuer der Tour haben uns bei dem Prozess geholfen, auch unter solchen Umständen gute Mütter zu sein.“

Entwöhnung von der Windel inklusive

43 Wochen im Jahr steht der Service zur Verfügung, er richtet sich an Kinder im Alter von sechs Wochen bis zwölf Jahren, beinhaltet Obhut und Beschäftigung, Pädagogik und natürlich ebenso mal Ausflüge zu Attraktionen und Sehenswürdigkeiten, ist eher ein „Five to Nine“-Job denn umgekehrt, nämlich von 5 Uhr morgens bis 21 Uhr abends. Amanda Hadley hat es dem Tour-„Daycare“ sogar zu verdanken, dass ihr ältester Sohn Hughes rechtzeitig zum Beginn der in den USA üblichen Vorschule trocken wurde. „Sie haben mir gesagt, ich soll einen Vorrat an Unterwäsche und Ersatzkleidung mitbringen, sie würden sich dann darum kümmern. Am Ende der Woche brauchte Hughes keine Windeln mehr.“

Als die PGA Tour 1998 ihr Programm installierte, war „Tagesmutti“ Susan Dittmer in ihrer ersten Arbeitswoche noch mit ganz anderen Problemen konfrontiert. „Ich musste meinen älteren Schützlingen erst mal vermitteln, dass die gemeinsame Vor- und Zubereitung des Abendessens nicht darin besteht, zum Telefon zu greifen und den Room-Service anzurufen“, erinnert sich die heutige Direktorin der „Family Centers“. Und berichtet von Phil Mickelson, der mit seinem Kids vorbei kam, „um mal eben zu sagen, wie sehr er und seine Frau Amy uns und die ,Golf School’ schätzen.“

„Mutterschaft kein Todesurteil für die Karriere“

Für die Proetten ist das bereits 1993 aufgelegt, seither von Bright Horizons Family Solutions Inc. gemanagte, vom Lebensmittelhersteller Smucker unterstützte und von Bardine May geleitete Smucker’s LPGA Child Development Center ohnehin von existenzieller Bedeutung. In Kombination mit dem garantierten Mutterschutz in Sachen Mitgliedsstatus (Maternity Exemption), dem sich längst auch zahlreiche Sponsoren angeschlossen haben, wird eine Balance zwischen Mutter- und Profi-Dasein ermöglicht. Babies und Birdies eben.

„Als ich herausfand, dass ich schwanger war, dachte ich nicht: Oh mein Gott, was soll ich tun? Oder: Ich muss wohl aufhören zu spielen, um eine Familie zu gründen“, hat beispielsweise die Kalifornierin Sydnee Michaels mal erzählt: „Ich wusste, dass ich beides hinkriegen kann. Das Beispiel anderer Mütter auf der Tour hat mir gezeigt, dass eine Mutterschaft kein Todesurteil für die Karriere ist.“

„Meine Söhne lieben es“

Diese Erfahrung teilt sie mit zahlreiche anderen Spielerinnen wie Stacy Lewis, Karine Icher, Gerina Piller oder Michelle Wie West, die gerade einen Ausblick auf ihre neue Doppelrolle gegeben hat. Die zweifache Majorsiegerin und Mutter Christie Kerr sagt sogar: „Für mich war das ein absoluter Rettungsring. Ohne die Kinderbetreuung hätte ich das nicht geschafft. Sie hält dir ja nicht nur fürs Spiel den Rücken frei, sondern gleichermaßen fürs Training, Reha und was sonst noch zum Business gehört. Meine Söhne lieben es eh, haben viele Freunde gefunden und wollen selbst dann hin, wenn ich das betreffende Turnier nicht spiele.“

Und so sind diese Woche bei The American Express im kalifornischen La Quinta und beim LPGA-Saisonauftakt Hilton Grand Vacations Tournament of Champions am Lake Nona in Orlando einmal mehr die passenden Spielwiesen gerichtet – für Groß wie für Klein.

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