Golf Post Premium European Tour

Wie spielt man sich auf die European Tour?

15. Mrz. 2021 von Benjamin Reeve in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Nur wenigen ist der Sprung auf die European Tour vergönnt. (Foto: Getty)

Nur wenigen ist der Sprung auf die European Tour vergönnt. (Foto: Getty)

In unserer Serie "Die European Tour mit Florian Fritsch" stellen wir mit Hilfe des ehemaligen Challenge- und European-Tour-Profis Florian Fritsch die Funktions- und Arbeitsweisen der European Tour dar. Das Gespräch mit dem Insider offenbart spannende Details und interessante Anekdoten.

Wege auf die European Tour

Die European Tour ist die globalste Turnierserie der Welt. Profis aus aller Herren Länder kämpfen um ständig wachsende Preisgelder, Weltranglistenpunkte und somit um den potentiellen Zugang zu den größten Events des Spiels.

Wenn man sich die Events der European Tour anschaut, vergisst man oft, dass die Teilnehmer der Turniere nur einen winzigen Prozentsatz der professionellen Golfer auf der ganzen Welt ausmachen. Es auf die Tour zu schaffen, ist der entscheidende Moment der Karriere als Golfer. Zur Wahrheit gehört, dass die allermeisten Spieler, die versuchen eine Tourkarte zu lösen, scheitern.

Strukturell ist die Challenge Tour als zweitrangige Tour unterhalb der European Tour angesiedelt.

„Über die Challenge Tour kann man sich für die European Tour qualifizieren und auf die Challenge Tour kommt man wiederum über die Sattelite-Touren", erklärt Florian Fritsch. Die Sattelite-Touren sind vier drittrangige Turnierreihen, die Pro Golf Tour, Alps Tour Golf, EuroPro Tour und Nordic Golf League. „Hinzu kommt, dass sich die Spieler außereuropäischer Touren, die aber mit der European Tour kooperieren, über die „Exemption Categories“ für die Tour qualifizieren können“, so Fritsch weiter. Dies gilt vor allem für die Australasian, Sunshine, Asian und die MENA Tour.

Knallhartes Auswahlverfahren

„Für die meisten Golfer ist aber die Q-School der erste Schritt“, so Fritsch, der selbst vielfach an der European Tour Qualifying School teilgenommen hat. Der Wettbewerb ist offen für alle Profis und Amateure mit einem Scratch-Handicap oder besser. Die Teilnahme kostet unter 2.000 Euro. Insgesamt wird das Q-School-Format jedoch oftmals als Knochenmühle bezeichnet. Das knallharte Auswahlverfahren zieht sich über mehrere Phasen und Abschnitte schier endlos hin. Von über 1000 Spielern kommen nur etwa 85 in die letzte Phase. Das Abschlussturnier findet in der Regel auf den Plätzen des Lumine Golf Club bei Barcelona statt und zieht sich erneut über sechs lange Runden. Die Top-25 dieser letzten Etappe der Q-School erhalten eine eingeschränkte Spielberechtigung (Kategorie 17) der European Tour und eine volle Mitgliedschaft in der Challenge Tour.

„Die Q-School ist der - gefühlt - einfachste Weg auf die European Tour“, meint Fritsch. Allerdings sei der Auftieg über die Challenge Tour Top-20 höher. „Das hat einfach damit zu tun, dass die Q-School mehr ,One-Hit-Wonder' ermöglicht, während man sich auf der Challenge Tour jede Woche aufs Neue für ein komplettes Jahr beweisen muss.“ Absolventen der Challenge Tour haben eine 60- bis 70-prozentige Chance die Tour-Karte zu halten, während die Wahrscheinlichkeit bei Q-School-Absolventen bei 15 bis 30 Prozent liegt auf der Tour zu bleiben.

Es gibt aber auch einige Spieler, die die quälende Q-School nicht durchlaufen mussten. Martin Kaymer spielte hauptsächlich auf der Pro Golf Tour, gewann fünfmal und führte die Geldrangliste an. Aufgrund seiner Leistungen erhielt er 2006 eine Einladung zur Vodafone Challenge in Düsseldorf, einem Challenge-Tour-Event. Er gewann dieses Turnier auf Anhieb und erhielt dadurch das Startrecht für alle restlichen Challenge Tour Turniere 2006. In der Folge konnte er im selben Jahr die Open des Volcans in Frankreich für sich entscheiden und beendete die Saison nach weiteren guten Ergebnissen, und obwohl er nur an acht Turnieren teilgenommen hatte, auf Platz vier der Challenge Tour Order of Merit. Da die Top-15 der Challenge Tour Order of Merit eine Tourkarte für die jeweils folgende Saison der European Tour erhalten, war Kaymer 2007 dort, wo so viele hinwollen.

Viele Wege führen auf die Tour

Für Jordan Smith führten drei Challenge-Tour-Siege 2016 auf die European Tour, denn diese drei Triumphe führen automatisch zu einer „Battlefield Promotion“ für die European Tour. Smith bewies, dass er diese „Promotion“ verdient hatte, konnte er doch 2017 die Porsche European Open gewinnen. Auch Brooks Koepka konnte 2013 mit seinem dritten Sieg auf der Challenge Tour diesen Weg gehen, um seine Karte für die European Tour zu lösen. Mittlerwile nennt er vier Majior-Siege sein eigen.

„Asiens Jahn Daly“ - Kiradech Aphibarnrat erspielte sich seine Karte über gemeinsame Turniere von Asian und European Tour. (Foto: Getty))

„Asiens John Daly“ - Kiradech Aphibarnrat erspielte sich seine Karte über gemeinsame Turniere von Asian und European Tour. (Foto: Getty)

Zunächst Europa zu verlassen, um auf indirektem Weg auf die European Tour zu kommen, ist eine weitere, etwas zeit- und reiseaufwendigere Variante. Die Möglichkeit besteht darin, die afrikanische Sunshine Tour oder die Asian Tour Q-School zu spielen. Die Preisgelder der Turniere sind mit denen der Challenge Tour vergleichbar und beide Touren veranstalten jede Saison zahlreiche Turniere gemeinsam mit der European Tour. In diesen gemeinsamen Turnieren liegt die Chance.

Auf diese Weise erspielten sich der Australier Scott Hend und „Asiens Jahn Daly“ - Kiradech Aphibarnrat - eine Tourkarte, denn gute Leistungen bei diesen Turnieren können zu einer Top-100-Platzierung beim Race to Dubai führen, die wiederum für die European Tour qualifiziert.

Des weiteren liegt eine Chance darin, durch die außereuropäischen Turniere die European-Tour-Q-School abzukürzen. Die führenden fünf Spieler der Asian Tour Order of Merit, die führenden drei Spieler der Sunshine Tour Order of Merit sowie die besten drei Spieler der PGA Tour of Australasia und der Japan Golf Tour kommen direkt in die Finalphase der European Tour Q-School.

Es gibt aber noch verschlungenere Wege: Nachdem der Engländer Jamie Elson 2010 seine Tourkarte als 132. des Race to Dubai verloren hatte, war er fast gänzlich abgemeldet. Dann gewann er 2017 die MENA (Middle East and North Africa) Tour Order of Merit, um als solcher die Sunshine-Tour-Karte für 2018 zu erhalten. Zudem durfte er direkt an der Finalphase der Asian-Tour-Q-School teilnehmen und bei der Maybank Championship und der Dubai Desert Classic der European Tour sowie beim Dean & DeLuca Invitational der PGA Tour starten. Ein starkes Abschneiden bei einem der letzten drei Events kann zu einer Vollmitgliedschaft auf der jeweiligen Tour führen. Elson gelang der Coup nicht. Aber er muss sich nicht vorwerfen lassen, es nicht versucht zu haben.

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