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Zum 50. Todestag von Bobby Jones: Bis heute prägt sein Geist das Spiel

18. Dez. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Eine Widmung an Bobby Jones, 50 Jahre nach seinem Tod prägt er die Golfwelt noch immer. (Foto: Getty)

Eine Widmung an Bobby Jones, 50 Jahre nach seinem Tod prägt er die Golfwelt noch immer. (Foto: Getty)

Eigentlich steckt in der Überschrift ein Fehler: Die ungebührliche Verniedlichung seines Vornamens war Robert Tyre Jones Jr. nämlich ein Graus – „Bobby“ ruft man Kinder, aber nicht gestandene Männer. Allenfalls ließ er Bob gelten, das vertrug sich gerade noch mit seinem Status als Gentleman-Golfer.

Anwalt und Amateur-Golfer

Auch wenn dieser Bob Jones, der heute vor 50 Jahren gestorben ist, als Sports- und Ehrenmann ohne Fehl und Tadel stilisiert wird, war er dennoch ein Mensch seiner Epoche. Damals, als Jones seine grandiosen Erfolge feierte und 1930 mit dem Gewinn aller vier damaligen Majors eine bis heute unerreichte Leistung vollbrachte, spielten die Herren von Stand zur Erbauung unter Ihresgleichen Golf. Manche wie Jones sogar auf der ganz großen Turnierbühne.

Doch sie blieben Amateure: Von Berufs wegen war Jones Anwalt in Atlanta, letztlich ein Freizeit-Golfer. Professionals wie der kaum weniger berühmte Erzrivale Walter Hagen waren Parias, die als Berufsspieler – igitt! – ihren Lebensunterhalt zu verdienen suchten; Bedienstete der Golfclubs, die seit Old Tom Morris’ Tagen Schläger fertigten und schleppten, Fairways aussteckten und Grüns herrichteten und in den Wettspielen der Herrenrunden allenfalls ihrer Schlag-Fertigkeiten wegen geduldet waren.


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Aber anlässlich dieses Todestags des unstreitig größten Amateurs aller Zeiten soll gar nicht von Jones’ sportlichen Meriten die Rede sein. Der große Mann hat weit mehr vollbracht, also „bloß“ 13 Majors zu gewinnen – sieben US und British Open, sechs US und British Amateurs. Er prägte das Spiel mit seiner Arbeit nach der sportlichen Karriere, die er unmittelbar nach dem Grand-Slam-Sieg beendete; sein Charakter und seine Haltung sind ohnehin von ewiger und universeller Bedeutung.

„Play the ball where it lies“

Immerhin hat Jones den Satz formuliert, der Golf allen anderen Sport- und Spielarten entrückt und auf eine metaphorisch-spirituelle Ebene hebt, die spätestens im heutigen Leben am Steilhang von Rastlosigkeit, mangelnder Reflexion und Werteverlusten vielen fast kitschig klingen mag, dem es deswegen dennoch nicht weniger an Wahrheit mangelt. „Golf is the closest game to the game we call life. You get bad breaks from good shots; you get good breaks from bad shots – but you have to play the ball where it lies“, das muss man nicht mehr übersetzen. Es ist das Spiel des Lebens, für viele buchstäblich und in übertragenem Sinn sowieso: Nimm die Dinge wie sie kommen, trage es mit Fassung und versuch’ stets, das Beste daraus zu machen. Mehr Vademekum in Kürze geht nicht.


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Allein mit der Interpretation dieser tiefen Erkenntnis ließen sich Kongruenzen zu den großen Philosophen der Menschheit knüpfen und Enzyklopädien füllen. Stattdessen – der eine oder andere mag jetzt erleichtert aufatmen – seien die weltlichen Errungenschaften in den Vordergrund gerückt, die Jones zur Entwicklung des Golfsports beisteuerte.

Namen und Nimbus für Augusta National und Masters

Für die Schöpfung von Augusta National und der Begründung des Masters ist ihm die Golfwelt ohnehin ewig dankbar. Die wahren Masterminds hinter beidem waren freilich Architekt Dr. Alister MacKenzie und Clifford Roberts. Die kongenialen Zusammenarbeit mit Ersterem hat Jones mal so gewürdigt: „Niemand kann lernen, wie man einen Platz entwirft, nur weil er noch so gut Golf spielt.“ Und Letzterer war der Strippenzieher hinter den Kulissen des anfangs chronisch klammen Clubs und seines Turniers: Ein Machtmensch und Mauschler, der die Geldgeber als Impresario mit Amüsement aller Art bei Laune hielt, um nicht zu sagen dirigierte, und den Augusta National Golf Club so zu einem gesellschaftlichen und politischen Faktor im US-Establishment machte.


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Bob Jones gab alldem Namen und Nimbus, hielt sich als Präsident indes aus dem Tagesgeschäft heraus, war eher Aushängeschild und Werbefigur. Als Offizier des Militär-Nachrichtendiensts lernte er während des Zweiten Weltkriegs beispielsweise den Alliierten-Oberbefehlshaber General Dwight D. „Ike“ Eisenhower kennen, der später Stammgast im Augusta National und mit Hilfe der Club-Klientel 34. US-Präsident werden sollte.

Schläger mit Nummern statt Namen

Ob Jones von Roberts’ Tricksereien wusste, ist nicht überliefert. Bewusst war ihm der Spagat zwischen Sport und Business allerdings sehr wohl, auch deswegen beendete er seine aktive Laufbahn. Denn die Warner-Bros.-Filmstudios waren mit der Idee von Lehrfilmen an ihn herangetreten, Jones war mehr als interessiert, YouTube gab es ja noch nicht. Es bedeutete indes auch: Golf gegen Geld, und das war mit seinen Amateur-Prinzipien nicht vereinbar. Zwischen 1931 und 1933 agierte der Heros in 18 Clips und wurde so zum Stammvater aller Bewegtbild-Tutorials.


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Und wenn heute jemand sein Eisen 7 aus dem Bag zieht und dabei auf die Nummer an der Sohle schielt, dann ist Jones in gewisser Weise ebenfalls im Spiel. Der Mann, der neben Jura auch einen Universitätsabschluss in Maschinenbau hatte, war Anfang der 1930er-Jahre als Berater der Schlägerfirma Spalding maßgeblich an der bis heute gültigen Kennzeichnung der Schläger beteiligt. Aus dem Spoon wurde das Holz drei, aus dem Mashie das 5er-Eisen, der Mashie Niblick wurde zum Siebener und aus dem Jigger das Pitching Wedge (PW).

Wegbereiter der Stahlschäfte

Mehr noch: Bob Jones begleitete für Spalding eine fundamentale Veränderung im Schlägerbau. Mit dem Australier J. Victor East trug er die Verantwortung für die Entwicklung und den Einsatz von Stahlschäften, die das bislang verwendete Hickory-Holz ersetzen sollten; Spaldings neue Schläger avancierten denn auch umgehend zu einem Verkaufsschlager und gelten als Prachtstücke des Designs.

Mit alldem legte Jones quasi den Grundstein eines Prinzips der beruflichen Nach-Karriere-Versorgung von Sportlern, das bis heute in vielfältiger Ausprägung Gültigkeit hat – sei’s als TV-Experten, Kioskbetreiber, Unternehmensrepräsentanten, Werbefiguren oder Franchise-Nehmer.


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Kaum bekannt ist überdies, dass die Golf-Ikone – bei aller Ehrpusseligkeit sehr wohl geschäftstüchtig – mit Coca Cola enger verbandelt war als es den äußeren Anschein hatte. Der Brause-Betrieb aus der Nachbarschaft in Atlanta spielt bis heute beim Masters und im Augusta National ein tragende, weil finanzkräftige Rolle. Sein damaliger Boss Robert Winship Woodruff gehörte zu den ersten Mitgliedern, trug mit seiner generösen Art, vor allem jedoch mit seinem Einfluss wesentlich zur Club-Entwicklung bei und stattete die Vereins-Granden mit einschlägigen wie einträglichen Lizenzen aus.

Coca-Cola-Werke als Lizenz zum Gelddrucken

Jones besaß schon 1939 eine Coca-Cola-Abfüllanlage in Massachusetts; er und Clifford Roberts gründeten außerdem nach dem Zweiten Weltkrieg die Firma „Joroberts“, die Coca-Cola-Werke in England, Schottland, Südafrika sowie Mittel- und Zentralamerika betrieb. Das kam einer Lizenz zum Gelddrucken gleich. Fast alle 30 Teilhaber waren selbstredend Mitglieder von Augusta National, darunter übrigens gleichermaßen „Ike“ Eisenhower und dessen Sohn John.

Zu der Zeit litt Jones bereits an der unheilbaren Rückenmarkserkrankung Syringomyelie, der er 1971 im Alter von 69 Jahren erliegen sollte. Sein Geist freilich lebt allerorten auf dem Golfglobus als unverminderte Inspiration.

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