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DP World Tour: Europas Circuit ist im Milliardenspiel nur ein Leichtgewicht

22. Nov. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Vier der zehn Spieler, die von der DP World Tour auf die PGA Tour wechseln.(Foto: Getty)

Vier der zehn Spieler, die von der DP World Tour auf die PGA Tour wechseln.(Foto: Getty)

Adrian Meronk, dreifacher Saisonsieger – weg. Ryan Fox, Gewinner der BMW PGA Championship 2023 – weg. Victor Perez, Abu-Dhabi-Champion vom Januar – weg. Robert MacIntyre, Ryder-Cup-Rookie von Rom – weg. Sie alle werden 2024 ihr sportliches Heil auf den dollarfetten Wiesen in den USA versuchen, verlassen ebenso wie sechs weitere Kollegen den vergleichsweise unergiebigen Magerrasen der DP World Tour, die beim Jahres-„Kehraus“ in Dubai zehn vollwertige Tickets für die kommende Spielzeit der PGA Tour an die besten Noch-nicht-dafür-Qualifizierten verteilen durfte. Seither freut sich „Bob Mac“ auf amerikanisches Fast Food, die Sony Open auf Hawaii und das Halligalli-Turnier Phoenix Open im TPC Scottsdale samt Abschlag am Partyloch 16.

Pepperell: „Desaster für die DP World Tour“

Die Freude diesseits des Atlantiks freilich ist eher davon abhängig, wen man fragt. Dass Profis des europäischen Circuits dem Lockruf des Gelds auf der diesbezüglich zehnmal so gut ausgestatteten PGA Tour folgen, ist fast ein golferisches Naturgesetz. Jeder hat es getan, dafür muss man nicht erst Rory McIlroy, Jon Rahm oder Viktor Hovland erwähnen. Erst recht, sofern die Tour-Adepten vorher durchs Stahlbad des College-Golf gegangen sind. Doch wenn der Aderlass mit Ansage erfolgt, dann spricht Eddie Pepperell gewiss einigen aus dem Herzen: „Ich nenne das ein Desaster für die DP World Tour. Jedes Unternehmen würde alles daran setzen, Klienten zu behalten. Wir aber geben die Besten ab, das ergibt für mich keinen Sinn.“

 

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Was der Engländer beschreibt, ist letztlich freiwilliger Kannibalismus. Im Hauptquartier in Virginia Water beraubt man sich bewusst der Aktivposten, die den sportlichen Wert und das Gerüst des Tourbetriebs repräsentieren und Fans an den Rand der Fairways locken, während die McIlroys, Rahms oder Hovlands sich allenfalls bei den Top- oder Heimatturnieren die Ehre geben. Vorher freilich will sich übrigens auch MacIntyre nicht mehr in der alten Golfwelt blicken lassen.„Möglicherweise komme ich zur Scottish Open zurück“, so der Schotte, der heuer im Renaissance Club Zweiter hinter McIlroy wurde. Doch die ist erst im Juli, und nicht mal dieser Start ist sicher: „Allenfalls wahrscheinlich“, schränkt MacIntyre ein. „Es ist echt schwierig. Nur die allerbesten Spieler schaffen, zwei Touren unter einen Hut zu bringen. Und bei dem, was auf der PGA Tour abgeht, muss man am Anfang wirklich alles geben.“

McIlroy: „Spielerverluste ohnehin unvermeidlich“

Fürs aktive Personal mag gelten, was McIlroy verdeutlicht: „Jeder spricht davon, dass wir zehn Spieler an die PGA Tour verlieren. Aber das ist sowieso unvermeidlich. Man kann die Tatsache nicht ignorieren, dass die PGA Tour für jeden Spieler ein Sehnsuchtsort ist. Im Gegenzug hält die DP World Tour höhere Dotierungen für diejenigen bereit, die es nicht zu PGA Tour schaffen. In den Augen der meisten Spieler wird unsere Heimattour dadurch gestärkt.“ Andere hingegen befürchten, dass ihre Organisation immer tiefer in den Strudel der Abhängigkeit vom Big Brother rutscht, wie unvermeidlich die auch immer sein mag.

Die gern zur Unterstreichung des Selbstwertgefühls ins Feld geführten Steigerungen des Preisgeldaufkommens sind jedenfalls Augenwischerei, weil großteils der Alimentierung durch die PGA Tour geschuldet. Fakt ist, dass sich die DP World Tour nun endgültig und offiziell selbst zur Feeder Tour, zum Zulieferer frischen Spielerpotenzials gemacht hat. Allenfalls ist sie noch Wegbereiter oder Sprungbrett für die große Golfkarriere. Und: „Die DP World Tour bietet einem eine Art Sicherheitsnetz“, sagt MacIntyre. „Damit ist es fast eine Einladung, auf der PGA Tour all-in zu gehen. Falls man kein gutes Jahr hat, kann man halt auf Europa zurückgreifen.“ Was zu beweisen war.


„Die Sache mit den zehn Karten für die PGA Tour ist umstritten, aber sie wird für die Jungs von großem Vorteil sein. Allerdings mindert es die Qualität der European Tour als Ganzes. Ich bin mir also nicht sicher, ob es der Tour auf lange Sicht nützen wird.“

Matt Fitzpatrick


Dazu passt, dass die Europäer im Gegenzug künftig jene Professionals aufgedrückt bekommen, die im FedEx-Cup-Ranking eine uneingeschränkte Startgarantie verpasst haben (Platz 126 bis 200) und nun den DP-World-Tour-Mitgliedern die Plätze und das ohnehin oft lausige Preisgeld bei den Standardturnieren streitig machen dürfen. Es hat was von Resterampe für PGA-Tour-Hinterbänkler.

World Tour würde Gefüge noch mal verschieben

Und wenn demnächst die von Rory McIlroy eh seit langem beschworene und zwischen PGA Tour und saudi-arabischem Staatsfonds PIF auch konkret verhandelte World Tour kommen sollte, dann verschiebt sich das Gefüge im Herren-Profigolf nochmal. Dann rangieren etliche Top-Turniere inklusive der Majors ganz oben – von denen immerhin einige im Rest der Welt ausgetragen werden dürften. Im Stellenwert folgt die PGA Tour als Unterbau. Die DP World Tour wiederum wird in dieser Konstellation zur dritten Liga. Brave New Golf World.


„Ich würde gerne etwas Ähnliches wie einen weltweiten Formel-1-Kalender mit rund 20 Veranstaltungen sehen. Drei der vier Majors finden eh in den USA statt. Dazu ein paar Top-Events der PGA Tour, wie das Memorial, das Invitational in Riviera und so weiter. Und Turniere wie die Australian Open oder die Scottish Open.

Amerika hatte das Profigolf 20 Jahre lang im Würgegriff – einfach, weil die US-Unternehmen das meiste Geld in der Tasche haben. Aber es ist an der Zeit, dass die PGA Tour weltweit tätig wird. Wir müssen ein Produkt für die besten Spieler der Welt schaffen, bei dem jeder dabei sein will. Wir sind an einem Wendepunkt für den Golfsport angekommen. Und wenn wir jetzt nichts unternehmen, werden wir es nie schaffen. Dies ist die Gelegenheit, die Landschaft unseres Sports zu verändern.“

Rory McIlroy


Apropos Verhandlungen mit dem PIF: Es wird immer so vollmundig von drei Beteiligten am Verhandlungstisch gesprochen, von den Saudis, von PGA-Tour-Commissioner Jay Monahan und seinen Beratern sowie von den Europäern um CEO Keith Pelley. Und die DP World Tour wird gern als Partner bei möglichen Vereinbarungen angeführt. Die Wahrheit könnte davon nicht weiter entfernt sein. Virginia Water ist geduldeter, weil operativ schwierig zu entfernender Appendix eines weitgehend ausgereizten Markts und darf, aller demonstrierten Einigkeit und Freundschaft zum Trotz, abwarten, was der strategische Alliierte jenseits des großen Teichs mit den Saudis auskungelt. Oder anders: Die Europäer sind bei den Verhandlungen Mitläufer und sitzen allenfalls am Katzentisch.

„Das Beste aus unseren schlechten Karten machen“

Bei der DP World Tour Championship in Dubai schaffte Pelley es einmal mehr nicht, diesen Eindruck auszuräumen. Auf Nachfragen von Journalisten verschanzte sich der Kanadier hinter einer Verschwiegenheitsvereinbarung und Allgemeinplätzen: „Die Gespräche, die wir führen, sind im besten Interesse des globalen Golfsports und im besten Interesse der DP World Tour. Ich bin auf dem Laufenden und in regelmäßigem Austausch mit Jay [Monahan], aber ich werde keine spezifischen Dinge kommentieren, da all diese Gespräche vertraulich sind.“

„Golf Digest“ hat allerdings eine anonyme Quelle aus dem inneren Kreis der Tour zum Reden gebracht, die sich sehr deutlich äußert. „Wir sind nur das Leichtgewicht, das herumgeschubst wird, ohne ein Druckmittel zu haben“, zitiert Kollege John Huggan seinen Informanten. „Wir können nicht mithalten und müssen das Beste aus den schlechten Karten machen, die uns in diesem globalen Milliardenspiel zugeteilt wurden.“

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