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Greg Normans 100-Millionen-Tour: Der Berg kreißte und gebar ein Mäuslein

02. Feb. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Greg Normal präsentiert seine neue International Series. (Foto: Getty)

Greg Normal präsentiert seine neue International Series. (Foto: Getty)

Das wird also die dermaßen gefürchtete Golf-Liga von Saudi-Arabiens Dollar-Gnaden: Zehn Turniere vornehmlich im Fernen und Nahen Osten, überschaubare Börsen, null namhafte Spieler, Anfang März geht’s los – auf den ersten Blick viel Lärm um nichts. Greg Norman, der Impresario des Asian-Tour-Ablegers, hatte bereits versprochen, dies sei erst der Anfang, als er sich mit seiner LIV Golf Investments auf der Weltbühne präsentierte. „Da kommt noch richtig was hinterher“, kündigte er im Oktober vergangenen Jahres an. Gestern wiederholte der 66-Jährige den Spruch: „It’s just the beginning.“ Aber wann kommt denn was wirklich (Golf-)Welterschütterndes? Die Antwort blieb Norman auch aktuell schuldig.

„Globales Spiel für reisende Golfelite“ gibt’s längst

Der Australier sprach vom Aufbruch, vom „Beginn einer aufregenden neuen Reise“. Die soll irgendwann sogar in die USA führen, doch konkreter wurde es nicht. Lediglich aufs Neue das Mantra vom „Start in eine neue Ära“, von der Asian Tour als „neuer starker Macht auf der Weltbühne“, vom „globalen Spiel für die reisende Golfelite“. Als gäbe es das nicht schon, als hätten PGA Tour und DP World Tour nicht längst eine Art Welttour implementiert, als bräuchte es den „Great White Shark“ – der sich überdies zum Sachverwaltung der Sportler-Selbstbestimmung stilisiert –, um Grenzen und Ketten zu sprengen.

Gähnen in Ponte Vedra Beach und Wentworth?

In Ponte Vedra Beach und in Wentworth mussten Commissioner Jay Monahan und Europa-Boss Keith Pelley vermutlich das Gähnen unterdrücken.

Norman redet gern von Uneigennützigkeit und betont: „Wir machen das zum Wohle des Spiels“, nie zuvor sei er „bezüglich der Zukunft des Golfsports derart optimistisch“ gewesen. Andererseits fühlt er sich missverstanden und lamentiert über „ungerechtfertige Angriffe“ seitens der etablierten Circuits. „Wovor fürchten die sich, was hat LIV Golf Investments denen getan? Das ist schon sehr enttäuschend, wenn man von jemandem vorverurteilt wird, ohne dass der die Fakten kennt“, maulte er gestern. „Dabei wollen wir doch auf ganzer Linie kooperativ sein und mit allen Institutionen gut zusammenarbeiten.“

Von wegen „The Good of the Game“

Was immer er damit meint, persönliche Verunglimpfungen gab es jedenfalls keine, die beiden großen Touren haben nur ihre Bastion gegen den saudischen Disruptor durch die asiatische Hintertür verdichtet. Mit Bausteinen wie dem Player Impact Program, dem Play-15-Bonus, noch mehr Preisgeld auf der PGA Tour und im FedEx-Cup-Topf, strategischen wie werblichen Partnerschaften samt höheren Dotierungen und Erweiterungen der Rolex Series auf der DP World Tour und und und.

Mit Saudi Arabien hat Norman einen willigen Unterstützer für den Kreuzzug gegen das Golf-Establishment gefunden, das seiner Ansicht nach die Interessen und Belange der Spieler als eigentliche „Shareholder“ des Tour-Betriebs nicht vollumfänglich wahrnimmt. Riad freilich verfolgt ureigene Ziele. Der umstrittenen Monarchie geht es keineswegs um „The Good of the Game“, sondern schlicht um Sportswashing. Und natürlich spukt im Hintergrund nach wie vor die Fata Morgana einer Premier, Super oder Sonstwas-Golfliga, die mit Schubkarren voll Schotter renommierte Tour-Mitglieder bezirzen und zum Stellungswechsel animieren will – auf dass großes Golf mit Glanz und Gloria die von Mord, Menschenrechtsverletzungen und sonstigen Missständen besudelte Weste übertünche.

Asian Tour als offizieller Anstrich

Die Liaison mit der von Corona wirtschaftlich arg gebeutelten Asian Tour war ein smarter Zug, verleiht dem Ganzen einen offiziellen Anstrich, weniger den Ruch der Revolution. Folgerichtig spielt CEO Cho Minh Thant jedwede Vermutung bezüglich eines Affronts gegenüber einstigen Partnern herunter: „Die PGA Tour und die DP World Tour spielen in Asien, warum sollen wir dann nicht in Europa oder in den USA spielen. Es gibt in der Golfwelt keine Grenzen mehr.“

100 weitere Dollar-Millionen steckt Saudi Arabien via LIV Golf Investments und Handlanger Norman in die „International Series“, erhöht damit sein Sportswashing-Investment in das Vehikel Asian Tour auf 300 Millionen „Bucks“. So wird wohl immer mal wieder der eine oder andere arrivierte Profi eine Stippvisite machen und bei der asiatischen Alternative mitspielen wollen, weniger gelockt durch die vergleichsweise unspektakulären Dotierungen von 1,5 bis zwei Millionen Dollar pro Turnier denn durch fette Antrittsgelder.

Altruismus als Alibi?

Doch selbst wenn die Asian Tour zigmal im Londoner Speckgürtel Station macht und provokant vor den Fenstern der European Tour Group in Wentworth herumscharwenzelt oder irgendwann im Mutterboden der PGA Tour Wurzeln zu schlagen versucht: Solange kein wahrhaftig Großkopferter des Golfsports sich kommittiert, ist die „International Series“ keine Bedrohung, sondern bloß eine Blähung, mit der Greg Norman hinter dem Alibi des Altruismus sein Mütchen gegenüber der PGA Tour kühlen will, die ihm einst die Idee von der Welttour geklaut hat. Damals übrigens scheiterten seine Pläne vor allem am Desinteresse von Arnold Palmer. Dem „King“ wären alle gefolgt, doch „wenn es für Arnie nichts ist, dann ist es für uns gleichsam nichts“, lautete seinerzeit der Spielerkonsens.

Fürs gewünschte Spektakel braucht es viele Namen

Heutzutage sieht das sowieso anders aus. Einzelne Akteure nützen Norman und den Saudis nichts, wären für PGA oder DP World Tour überdies wohl verschmerzbar, und seien sie noch so zugkräftig. Dafür ist die Breite an der Spitze zu dicht geworden, um mit Ex-Fußball-Terrier Berti Vogts zu sprechen. Will heißen: Es müsste gelingen, den überwiegenden Teil der – sagen wir – Top 30 zum Überlaufen zu verführen, um die Konkurrenzliga wirklich zur Herausforderung für die wahren Cracks und zum gewünschten Spektakel für Sponsoren wie Fans zu machen – das erscheint doch recht unwahrscheinlich. Ausnahmen wie das Schaulaufen der Stars gerade beim Saudi International bestätigen die Regel.

Mit den Besten der Welt messen

Ohnehin gilt für die meisten Professionals zweifelsohne Rory McIlroys Wort, in erster Linie Golf zu spielen, „um Majors zu gewinnen, meinen Platz in der Golfgeschichte zu festigen und ein sportliches Vermächtnis zu hinterlassen“. Collin Morikawa und Viktor Hovland, die Jungstars hinter dem Weltranglisten-Primus Jon Rahm, haben unlängst ebenfalls betont, ihr Antrieb sei, sich mit den Besten der Welt zu messen – egal, auf welchem Tour-Parkett. Geld ist dabei ein angenehmer Nebeneffekt, und selbst Saudi-Gegner McIlroy spricht von einer „verflixten Sache“: „Ich verurteile niemanden, der solche Offerten annimmt. Wenn jemand kommt und dir so viel Geld anbietet, ist es schwierig, nein zu sagen.“ Ab und an jedenfalls, als nette Dreingabe zu Ruhm und Ehre.

Saudi-Offerte auch für Poulter, „Westy“ mit Schweigeklausel

Und obwohl laut Phil Mickelson nahezu jeder der Welt-Top-100 in Sachen Super League angesprochen wurde, ist daher bislang nicht ein Name gefallen, dessen Klang tatsächlich ein echtes Beben auslösen würde – bei allem Respekt vor Henrik Stenson und Ian Poulter, dem jüngsten „Übernahme-Kandidaten“, der laut „The Daily Telegraph“ seine Ambitionen auf das Amt des europäischen Ryder-Cup-Kapitäns gegen eine Saudi-Offerte von 22 Millionen Pfund abwägen darf. Oder vor Lee Westwood, der beim Saudi International alle Fragen bezüglich der Super Golf League (SGL) abwiegelt, weil er nach eigener Aussage eine Verschwiegenheitsvereinbarung unterschrieben hat.

Das Veteranentrio – 45, 46 sowie 48 Jahre alt und zwar mit viel Sympathie, indes nur einem Majorsieg etikettiert, Stensons Open Championship von 2016 – wäre nämlich allenfalls ein solider Feldfüller von eingeschränkter Wirkweise. Für aufmerksamkeits- und quotenstarke Auftritte braucht die SGL-Tingeltruppe Zugpferde ganz anderen Kalibers.

SGL-Format konterkariert selbständiges Unternehmertum

Ein pikanter Aspekt des geplanten Formats in Formel-1-Manier ist übrigens, dass die beteiligten Matadore dann nach Normans Pfeife tanzen müssten und über ihren Kalender nicht mehr frei entscheiden könnten. Was wiederum das „selbständige Unternehmertum“ konterkariert, das alle und allen voran der Schein… „Schutzheilige“ namens Norman liebend gern reklamieren.

Summa summarum bleibt in Sachen Saudi Arabien, Greg Norman, Asian Tour und „International Series“ bis auf weiteres festzustellen: Der Berg kreißte und gebar ein Mäuslein.

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