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Lee Elder – Ein Held des Golfsports

25. Dez. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Lee Elder wird mit Jack Nicklaus und Gary Player den Ceremonial Tee Shot ausführen (Foto: Getty)

Lee Elder wird mit Jack Nicklaus und Gary Player den Ceremonial Tee Shot ausführen (Foto: Getty)

Zum Tod vom Lee Elder veröffentlichen wir diesen Text aus dem April 2021 in aktualisierter Form noch einmal. 

"Das Golfspiel hat einen Helden verloren", so würdigt Jack Nicklaus Lee Elder. Die Nachricht um den Tod des 87-Jährigen, der neben und mit seiner Golfkarriere einen so wichtigen Kampf für die Gleichberechtigung und gegen den Rassismus im Golfsport kämpfte, versetzt die Golfwelt in Trauer.

Seinen letzten großen Auftritt hatte Lee Elder beim Ceremonial Tee Shot im April im Augusta National. 46 Jahre zuvor hatte er als erster Schwarzer das Masters bestritten - ein Meilenstein in der Geschichte der Gleichberechtigung, eine weitere eingerissene Hürde, die den Weg ebnete für die, die nach ihm kamen. Ein wichtiger Schritt in einer Bewegung, die noch lange nicht am Ziel ist, betrachtet man die "Black-Lives Matter"-Proteste und den Prozess um den Tod von George Floyd, vor deren Hintergrund Elder gemeinsam mit Gary Player und Jack Nicklaus am Abschlag stand.

„Es war höchste Zeit“

Im November 2020 erklärte Clubchef Fred Ridley, der siebte Inhaber dieses Amts, beim traditionellen Rendezvous des Chairman mit den Medien über die öffentlichkeitswirksame Geste so: „Es war höchste Zeit. Momentan sind Rassenungerechtigkeit und Gleichbehandlung das beherrschende Thema.“


Neben der Nominierung als Ehrenstarter wird Lee Elder vom Augusta National Golf Club gleichermaßen mit der Ausschreibung von zwei Stipendien für eine Golferin und einen Golfer am lokalen Paine College gewürdigt. Elders Beziehung zu der Hochschule geht auf sein erstes Masters zurück, als Paines damaliger Präsident Julius Scott sich bereit erklärte, für die Verpflegung der 15-köpfigen „Reisegruppe“ zu sorgen.

Wer nun glaubt, damit kaschiere der Club die eh allgemein bekannten unrühmlichen Schatten seiner Vergangenheit, besänftige womöglich ein schlechtes Gewissen oder arbeite gar Geschehenes auf, der irrt. Man spricht im Augusta National einfach nicht drüber. Vergangenheit. Schnee von gestern. Punkt. Chairman Fred Ridley: „Die Frage ist nicht, was man sagt, sondern was man tut.“


Gary Player als Freund und Helfer

Der große Südafrikaner Player hatte Elder schon mal protegiert. 1971 verschaffte „The Black Knight“ seinem Freund Startberechtigungen für die South Africa Open und die South Africa PGA Championship. Allerdings musste Elder dafür von der Regierung des Apartheid-Staats per Dekret erstmal zum „Honorary White“, zum „Weißen ehrenhalber“ ernannt werden. Was für eine bittere Randnotiz.

Masters-Debüt im Geburtsjahr von Tiger Woods

1975 – pikanterweise Tiger Woods‘ Geburtsjahr, der 1997 als erste Afroamerikaner in Augusta triumphierte – hatte sich Elder die Masters-Einladung durch den Gewinn der Pensacola Open im Jahr zuvor verdient. Um genau zu sein: Den Granden in Grün war keine neue Ausrede mehr eingefallen, um schwarze Akteure zu verhindern; sie hatten sich letztlich dem öffentlichen Druck beugen müssen, obwohl auf dem Areal an der Washington Road nach wie vor das Diktum des dünkelhaften und absolutistisch herrschenden Mitbegründers Clifford Roberts galt: „Solange ich lebe, sind hier die Spieler weiß und die Caddies schwarz.“

Das Paralleluniversum und sein Major

Als er damals das Tor zur Magnolia Lane passierte, betrat der Waisenjunge aus dem „Ghetto von Dallas“ (Elder) daher eine für ihn noch mal ganz andere Welt, als es das Paralleluniversum Augusta National und sein Major im Vergleich zum normalen Tour-Betrieb ohnehin war und ist: elitistisch und klandestin, ehedem mindestens latent rassistisch und frauenfeindlich; sowieso ein Hort erzkonservativer Gesinnung, der sich beispielsweise berufen und bemüßigt fühlte, Tiger Woods‘ 2009 publik gewordene Promiskuität öffentlich zu geißeln.

Ceremonial Tee Shot: „Mein Herz und meine Seele schwingen mit“

Trotzdem: „Selbst nach all den Jahren ist das Gefühl immer noch umwerfend, wenn ich daran zurückdenke“, sagt Elder, der sich vor seiner Golfkarriere als Caddie und Aushilfe in Proshops und Umkleiden durchgeschlagen hatte. Und im Ausblick auf seinen großen Auftritt räumte er ein: „1975 war es letztlich bloß ein gewöhnlicher Schlag zum Auftakt eines Golfturniers, Masters hin oder her, und längst nicht so bedeutsam wie dieser anstehende Drive, in dem mein Herz und meine Seele mitschwingen werden.“

Elder war damit der insgesamt zehnte Ehrenstarter des 1963 eingeführten, indes phasenweise ausgesetzten Rituals. Den Anfang machten Jock Hutchison und Fred McLeod, Majorsieger zwar, aber nie Masters-Sieger; doch sie hatten wenigstens 1937 bzw. 1938 die nur zwei Mal im Augusta National Golf Club ausgetragene Senior PGA Championship gewonnen.

Weichenstellung durch Charlie Sifford und Co.

Es folgten Byron Nelson, Gene Sarazen, Ken Venturi und Sam Snead, ehe der 2016 verstorbene Arnold Palmer 2007 als Erster der „Big Three“ berufen wurde. „GolfTV“ hat den exklusive Altherren-Zirkel mit einer gelungenen Zeichnung verewigt.


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Allerdings untertreibt Elder mit der Einschätzung seines damaligen Masters-Auftritts. Obwohl er bei Jack Nicklaus‘ späterem Sieg den Cut verpasste, markierte sein Start quasi den endgültigen Durchbruch schwarzer Golfer auf höchster (Tour-)Ebene. Die Weichen hatten vor ihm beispielsweise Charlie Sifford gestellt, dessen Engagement und Sturheit 1961 zur Annullierung des „Caucasian-only“-Testats in den Statuten der PGA of America geführt hatte, dem zufolge der professionelle Golfsport ausschließlich für kaukasische, also weiße Männer reserviert war.

Namensgeber für Woods-Filius Charlie

Tiger Woods hat den Träger von Amerikas höchster ziviler Auszeichnung, der 2014 von US-Präsident Barack Obama verliehenen „Presidential Medal of Freedom“, mal als „Großvater, den ich nicht hatte“ bezeichnet und seinen Filius Charlie nach Sifford benannt: „Für eine Menge von uns hat er den Weg bereitet. Ohne ihn wären wir nicht dort, wo wir jetzt sind. Seine Opfer erlauben mir, dass ich heutzutage Golf spielen kann.“

Diskriminierung und Schikane

Athleten wie Sifford oder Pete Brown beispielsweise, der 1964 als erster Afroamerikaner mit der Waco Turner Open ein PGA sanktioniertes Turnier gewann, mussten bis zum Ende der Kaukasier-Klausel mit der United Golf Association (UGA) vorlieb nehmen, der „Neger-Liga“, wie sie verächtlich genannt wurde.

Selbst dort wurden sie beschimpft und von böswilligen Zuschauern verfolgt, ihre Bälle in den Boden getreten oder versteckt, menschliche Exkremente in den Fahnen-Cups hinterlassen. Sifford und seine Mitstreiter ließen sich dennoch nicht entmutigen – getreu dem Ratschlag seines Vorbilds Jackie Robinson, der schwarzen Baseball-Legende: Wer das durchziehen wolle, der dürfe kein Schlappschwanz sein.

„Weiß wie der Ku-Klux Klan“

Mit dem Ende der Kaukasier-Klausel erhielt Sifford im Alter von 39 Jahren als erster Afroamerikaner die volle Spielberechtigung der PGA und trug sich mit dem Titel der Greater Hartford Open 1967 als erster afroamerikanischer Sieger eines hundertprozentigen PGA-Events in die Historie ein. 1969 gewann er die Los Angeles Open und mit der Senior PGA Championship 1975 sogar ein Turnier, das später zum Major avancierte. Post aus Augusta erhielt er gleichwohl nie. Noch 1969 hieß es in der „Los Angeles Times“ über die Mischpoke von der Magnolia Lane: „Weiß wie der Ku-Klux Klan“.

1975: Hass-Botschaften und Sicherheitsbedenken

Lee Elder blieb vorbehalten, die Bastion Augusta National zu schleifen, der es 1968 via Qualifying School auf die PGA Tour geschafft hatte und dort vier Turniere gewann. Dafür wurde er im Vorfeld mit Hass-Botschaften aus dem rechten Lager überflutet und mietete für die Turnierwoche vorsichtshalber zwei Häuser in Augusta, zwischen denen er ohne festes Muster pendelte.

Insgesamt sechs Mal bestritt Elder das Masters, seine beste Platzierung war ein geteilter 17. Platz 1979. Im selben Jahr war er zudem der erste Afroamerikaner beim Ryder Cup und engagiert sich zeitlebens für soziale Gerechtigkeit. Noch 1990 attackierte Elder amerikanische Golfclubs und ihre Mitgliedschaftspolitik öffentlich für die Ausgrenzung von Schwarzen.

„Diesmal schaut die ganze Welt zu“

Obwohl Elder aus gesundheitlichen Gründen  bei seinem Ehrenmoment am Abschlag der ersten Bahn, die den Namen "Tea Olive" trägt, doch keinen Ball schlagen konnte, waren auch einstige Mitstreiter aus der schwarzen Golfgemeinschaft unter den Augenzeugen dieses historischen Moments: der sechsfache Masters-Teilnehmer Jim Thorpe (72) und dessen einstiger Caddie sowie Elder-Freund Richard „Jelly“ Hansberry (82). „Sie wollen mich mal live auf dem Tee sehen“, schmunzelte Elder. „Aber diesmal schaut sowieso die ganze Welt zu.“

"An diesem Morgen konnte man die Freude in Lees Gesicht sehen", erinnert sich Jack Nicklaus und auch Gary Player wird den Moment, wie den Mann, dem dieser Augenblick gebührte, in Erinnerung halten: "Lees Einfluss auf den Sport und auf mein Leben wird nie vergessen werden."

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