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Wind, Wasser, Wellen und Sand: Der Ocean Course ist feinstes Strand-Gut

18. Mai. 2021 von Michael F. Basche in Kiawah Island, South Carolina - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Vorne das malerische Grün, im Hintergrund der Atlantik. Der Ocean Course auf Kiawah Islands ist einer der berühmtesten Strandkurse der Welt. (Foto: Getty)

Vorne das malerische Grün, im Hintergrund der Atlantik. Der Ocean Course auf Kiawah Islands ist einer der berühmtesten Strandkurse der Welt. (Foto: Getty)

Das Geläuf ist ein Brett. Auf über 7.200 Meter addieren sich die Lochlängen des Ocean Course im Kiawah Island Resort, damit ist die Austragungsstätte dieser 103. PGA Championship der längste Platz in der Geschichte der Golfmajors. Gleichzeitig hat der Par-72-Parcours laut amerikanischem Golfverband USGA mit 79,1 und einem Slope von 155 die höchsten Ratings im Lande. Oder anders: Pete und Alice Dye, das ebenso kongeniale wie phänomenale Architekten-Ehepaar, haben an South Carolinas Atlantikküste nahe des quirlig-pittoresken Charleston alle Register ihrer Kunst gezogen.

Nur ein paar Schritte vom Ozean entfernt

„Kein Platz in der nördlichen Hemisphäre hat derart viele Löcher direkt am Meer“, hat der 2020 im Alter von 94 Jahre verstorbene Designer seinem 1989 begonnenen Werk attestiert, das zum Ryder Cup 1991 fertig sein sollte und folglich unter hohem Zeitdruck realisiert wurde.

In der Tat erstrecken sich insgesamt zehn Bahnen des in Form einer Acht angeordneten Layouts unmittelbar entlang der Wasserlinie, nur ein paar Schritten vom Schaumschlag des Ozeans entfernt. Der Rest verläuft parallel dahinter. Die Dyes haben an dem insgesamt 16 Kilometer langen Strand des 1976 eröffneten Resorts buchstäblich auf und im Sand gebaut; man sieht, spürt und schmeckt es auf Schritt und Tritt.

Wenn‘s weht, wird der Platz zum Biest

Dem Auge von Alice Dye – sie starb 1991 – wiederum ist zu verdanken, dass der Atlantik auch allerorten atemverschlagend und aufregend sichtbar ist. Sie votierte für die Anhebung des gesamten Areals, statt die Spielbereiche im Lee der Dünen zu arrangieren, und choreografierte damit gleichzeitig den vorrangigen Schwierigkeitsfaktor: Wenn die Luft rauh und in Bewegung ist und aus ständig wechselnden Richtungen übers Gelände bläst, wird der Platz mit seinen weitläufigen Verwerfungen und den zahllosen Bunkern regelrecht zum Biest.

Je nach Wind sechs bis acht Schlägerlängen Unterschied

„Du spielst den Platz vier Tage hintereinander und hast nie denselben Wind“, verdeutlicht Kiawahs Golfdirektor Brian Gerard. Je nach vorherrschender Windrichtung und -stärke ist bei der Werkzeugwahl eine Differenz von sechs bis acht Schlägerlängen drin – so was kennt man sonst nur von den sturmzerzausten Links der britischen Inseln. Also liegt der Schlüssel zu einem guten Score im Umgang mit den Widrigkeiten der Witterung. Die Bälle flach zu halten, fällt allerdings aus: Für cleveres „Bump and Run“ sind Pete Dyes Grüns zu erhöht angelegt.

63 von Alex Cejka steht bis heute

Idealtypisch zeigt sich das auf der 14, einem 217 Meter langen Par 3, dessen Grün sich förmlich nach oben wölbt und über die mächtig ondulierte Umgebung erhebt, dabei nach allen Seiten steil abfällt. Drumherum lauern scheußliche Lagen und machen ungenau gespielte Bälle zum Kampf ums Bogey.

Den Platzrekord hält übrigens Alex Cejka. Der frisch gekürte Senior-Majorsieger schoss 1997 beim World Cup of Golf eine 63. Da herrschten freilich eher friedliche Bedingungen und die Abschläge waren bloß auf eine Gesamtlänge von etwas mehr als 6.200 Metern gesteckt.

Ganz ehrlich: Der Platz ist so oder so eine Augenweide. Aus der Luft und von den Tees. „Pete hat immer gesagt, dieser Platz wogt und schwimmt“, erinnert sich Golfdirektor Gerard, der im Resort Herr über insgesamt fünf Plätze ist. „Das liegt an der Lage und an der Gestaltung seiner Landschaft: Er wirkt, als sei er ständig in Bewegung, ständig in Veränderung.“ Beim Ocean Course addieren sich Wind, Wasser, Wellen, Sand und salziges Gras zu Strand-Gut in bestem Wortsinn.

Schauplatz für „Bagger Vance“

Überdies ist das Ensemble eine Art Celebrity. Als Hollywood-Bühne nämlich. Im Kino-Epos „Die Legende von Bagger Vance“ reüssiert Will Smith als geheimnisvoller Golf-Weiser auf Caddie-Wanderschaft, während Matt Damon das kriegsverstörte Megatalent Rannulph Junuh mimt und sich während der Dreharbeiten des fiktiven Matches gegen Bobby Jones und Walter Hagen selbst mit dem Golfbazillus infiziert.


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Wie Junuh auf dem Ocean Course im Film zu alter Stärke und neuer Reife findet, etablierte sich dort auch ein tatsächlich Großer im Pantheon des Golfsports. 2012 gewann Rory McIlroy bei der ersten PGA Championship auf Kiawah Island die erste seiner beiden Profi-Weltmeisterschaften und wurde mit 23 Jahren zum jüngsten PGA Champion seit dem Ende der Match-Play-Ära 1958.

McIlroy und der „Rory Tree“

Gleichzeitig lieferte der Nordire mit acht Schlägen Vorsprung einen beeindruckenden Nachweis seines nachhaltigen Talents, das 2011 mit der US Open einen ersten Höhepunkt erfahren hatte und offenkundig eben kein „One Hit Wonder“ war.

Der Platz präsentiert sich heute nahezu im selben Habitus wie vor neun Jahren, lediglich Back Tees wurden auf den Bahnen 6, 9, 12, 15 und 18 addiert. Selbst der „Rory Tree“ ist wieder da, die Virginia-oder Lebens-Eiche, in deren Geäst McIlroy 2012 während der dritten Runde einen Ball verloren hatte. Schon damals kränkelte der Baum und war ohne Blätter, um später endgültig abzusterben. 2019 wurde an besagter Stelle eine „Ersatz-Eiche“ mit annähernd identischer Krone implantiert.

Bernhard Langer und der „War by the Shore“

Drama indes gab‘s vorher schon. Beim Ryder Cup 1991 verpasste Bernhard Langer auf dem beinahe jungfräulich neuen und eigens dafür gebauten Ocean Course einen 1,8-Meter-Putt, der ihm den Sieg im Einzel gegen Hale Irwin und dem europäischen Team unter Kapitän Bernard Gallacher den Gleichstand mit der US-Equipe beschert, vor allem aber den Pokal bewahrt hätte.

Doch der Deutsche musste die Partie teilen, der Kontinentalwettkampf endete mit 14,5:13,5 erstmals seit 1983 wieder zugunsten der Amerikaner und ging wegen des vielfach unsportlichen Verhaltens von Gastgebern und Fans sowie der daraus resultierenden aufgeladenen Atmosphäre als „War by the Shore“ in die Ryder-Cup-Chroniken ein.

Feste Größe und modernes Meisterstück

Seither ist der Ocean Course eine feste Größe unter den bedeutenden Landmarken der Golf-Weltkarte und stets dabei, sobald es ans Aufzählen besonderer Plätze geht. Pete und Alice Dye ist wahrhaft ein modernes Meisterstück gelungen: anspruchsvoll und dennoch amüsant zu spielen für Amateure, dabei von hohen Schwierigkeitsgraden und unerbittlich im Set-up einer PGA Championship.

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