Masters

Rory McIlroy beim US Masters 2023 : Für „Rors“ geht’s um Triumph oder Trauma – und ein Dilemma

03. Apr. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Triumph oder Trauma? Rory McIlroy beim US Masters 2023. (Foto: Getty)

Triumph oder Trauma? Rory McIlroy beim US Masters 2023. (Foto: Getty)

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Bedeutungsschwerer geht’s zur Einleitung kaum: „Nur der Sieg beim Masters steht noch zwischen Rory McIlroy und der golfsportlichen Unsterblichkeit“, schreibt „Bunkered“. Hört, hört. Die Kollegen haben mit dem schottischen Altmeister Colin Montgomerie über die Aussichten des vierfachen Majorsiegers beim Oster-Opus im Augusta National Golf Club gesprochen und ihren Beitrag dergestalt begonnen.

Rory McIlroy: „Verlasse Augusta erstmals glücklich“

Der Sprachduktus ist wohl berechtigt. Allein, weil „Rors“ zwischen Tea Olive und Holly, den Löchern 1 und 18, grandios zu scheitern pflegt. Wie 2011 und 2012, als der Nordire förmlich kollabierte. Oder spektakulär zu kurz bleibt. Wie vergangenes Jahr, als er am Sonntag eine lupenreine 64 mit sechs Birdies und einem Eagle ablieferte und damit die bis dato sieben besten Finalrunden der Masters-Historie „matchte“. Um dann doch bloß Zweiter hinter Scottie Scheffler zu werden. Trotzdem bekannte er am Abend jenes 10. April: „Heute ist das erste Mal, dass ich Augusta mit einem breiten Grinsen im Gesicht und glücklich verlasse. Es hat sich angefühlt, als sei eine Barriere eingerissen worden.“

Die Bunker-Doublette mit Morikawa

Das Tüpfelchen auf dem i war damals der nahezu unmögliche und dennoch eingelochte Bunkerschlag auf der 18, den Collin Morikawa wenige Minuten später nachahmen sollte. „Das war der größte Spaß, den ich je auf einem Golfplatz hatte. Es rangiert noch vor der Finalrunde mit Tiger [Woods], als er 2018 die Tour Championship gewonnen hat“, gab McIlroy zu Protokoll und fügte schmunzelnd an: „Meine beiden schönsten Momente im Golf sind ausgerechnet welche, in denen ich nicht gewonnen habe.“

Also tritt der 33-Jährige nun zu seinem 15. Masters an. Vielleicht ja nach der Devise: Man soll weitermachen wie man aufgehört hat.“ Es wäre ihm wahrlich zu wünschen, allen voran tut das Montgomerie. „Ich fände es klasse, wenn er diesmal direkt mit einer 67 oder 68 ins Turnier starten könnte. Dann würde man ein ganz anderes Spiel, ein ganz anderes Ergebnis sehen, und das Green Jacket gehört ihm“, tat der 59-Jährige bei „Bunkered“ kund. „Er darf sich nicht in eine Position bringen, in der er zu einer Aufholjagd gezwungen ist. Selbst so ein grandioser Sonntag hilft nicht, wenn der Abstand zu groß ist. Ein Rückstand ist heutzutage verdammt schwierig wettzumachen, weil die anderen Jungs so verdammt gut sind.“

Die Chance auf den Karriere-Grand-Slam

Zu den heißen Favoriten zählt McIlroy allemal. Aktuell rangiert er mit 15:2 hinter Scheffler (13:2) und vor Jon Rahm (8:1). Nach sieben Top-Ten-Platzierungen seit 2014 stellt sich wieder die Frage: Triumph oder Trauma. Ein erneutes Scheitern wäre (noch) nicht so schlimm wie Phil Mickelsons sechs zweiten Plätze bei der US Open, aber durchaus tragischer als Jordan Spieths bisherige Versuche, die PGA Championship für sich zu entscheiden. Womit das Trio genannt wäre, das aktuell die Chance hat, den Karriere-Grand-Slam einzufahren und das Quintett aus Gene Sarazen, Ben Hogan, Gary Player, Jack Nicklaus und Tiger Woods zu erweitern.

„Wenn man an etwas glaubt …“

Freilich, McIlroy hat im Sinne der Chancenwahrung noch ein Dilemma auszusortieren, das ihn seit gut einem Jahr begleitet und in dem er sich ab und an ziemlich aufreibt. Gemeint ist seine Position als Wortführer des Widerstands gegen die LIV Golf League, als Stimme des Systems und erster Paladin der PGA Tour. Er wird bei jeder Pressekonferenz, vor jedem Mikro und jeder Kamera mit dem Thema konfrontiert, hält sich nie zurück („Wenn man an etwas glaubt, muss man sich zu Wort melden“), gibt oft Schlagzeilenträchtiges zum Besten, scheut den verbalen Infight nicht und gießt damit beim Tauziehen der Touren selbst noch Öl ins Feuer, das er eigentlich eingedämmt sehen will.

 

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„Was Rory durchmacht, ist Wahnsinn“

Letztmals hat ihm das bei der Players Championship einen Knüppel zwischen die Beine geworfen, als er zuerst mit seinem Material haderte und sich „meinen alten Driver vom vergangenen Jahr“ zurückwünschte, dann am Cut scheiterte und klage: „Ich würde gern einfach wieder nur ein Golfer sein.“ Der längst zum engen Freund und zum Geschäftspartner gewordene Tiger Woods ist nicht von ungefähr des Lobes voll: „Was unser Botschafter Rory durchmacht, ist Wahnsinn. Ich war bei all den Telefonkonferenzen und Besprechungen dabei und habe seine Belastung erlebt: Es ist unglaublich, dass er dennoch rausgeht und nicht nur spielt, sondern sogar gewinnt.“

Die Belastungen der Doppelrolle

Wie bei der Hero Dubai Desert Classic, als McIlroy alle Kraft und Energie aufwenden musste, um Bad Boy Patrick Reed in Schach zu halten. Ausgerechnet den LIV-Sendboten. So ist das halt: Mal gelingt der Spagat, mal nicht. Aber die Belastungen der Doppelrolle sind offensichtlich. „Rory ist auf und neben dem Platz ein echter Leader“, attestiert Woods. Mittlerweile reden die beiden „jeden Tag miteinander“, erzählte McIlroy und zeigte sich „unglaublich dankbar für seine Freundschaft und seine Führung“.

Von Tiger Woods und Jack Nicklaus inspirieren lassen

Das gilt nicht nur in der Causa LIV, sondern auch im Spannungsfeld von McIlroy und Masters. „Was Woods hier in Augusta stets perfekt beherrscht hat, ist Disziplin“, sagte „Rors“ vor kurzem in einem Gespräch mit „BBC Sport Northern Ireland“. „Der Platz kann einen wirklich dazu verleiten, Schläge zu machen, die man nicht machen muss. Tiger und Jack Nicklaus sind mit fünf bzw. sechs Siegen die erfolgreichsten Spieler beim Masters. Gleichzeitig sind sie ebenso diszipliniertesten Spieler in der Geschichte unseres Spiels.“ Davon will sich der vierfache Majorsieger für seinen Game Plan „inspirieren lassen“: „Nicht zu viel Risiko eingehen. Nicht über sich hinauswachsen. Das ist die Formel, um beim Masters gut abzuschneiden.“


„Rory wirkt manchmal, als ob er einfach nur vor sich hin spielt. Aber gerade in Augusta kannst oftmals nicht einfach nur Golf spielen, sondern musst dich an dem einen oder anderen Loch auf ganz bestimmte Schläge fokussieren. Denn deren Gelingen macht den Unterschied.“

Jack Nicklaus


Überdies scheint das Driver-Problem gelöst. McIlroy spielt zwar nach wie vor den Stealth 2 von TaylorMade, indes offenbar mit etwas kürzerem Schaft. Bei einer zweitägigen 54-Loch-Erkundungstour über das Masters-Geläuf vor drei Wochen hat er mit dieser Konfiguration so präzise die Fairways getroffen wie selten zuvor. Und „wir wissen alle, dass Rory erst recht nicht aufs Leaderboard schauen muss, wenn sein Putter heiß ist“, betonte Colin Montgomerie: „Weil er dann eh ganz oben steht.“

Auf 18 Loch nur 19 Putts?

Vielleicht kann ja die besagte Exkursion als Best Practice herhalten: Dem Vernehmen nach benötigte der Weltranglisten-Dritte bei einer der Proberunden nämlich lediglich 19 Putts. In Buchstaben: neunzehn! Der Umstieg auf den Scotty Cameron Newport scheint sich auszuzahlen. Wenn er diese Performance ab Donnerstag über 72 Loch durchhält, könnte für Rory McIlroy der Traum endlich wahr werden, von dem er vergangenes Jahr am Schluss schon ein wenig gekostet hat.

Das US Masters 2023 im Liveticker

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