Golf Post Premium Martin Kaymer

Vor der PEO: Martin Kaymer und sein Bärendienst für Prestige und Profigolf

30. Mai. 2023 von Michael F. Basche in Winsen (Luhe), Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

(Foto: Getty)

Zum Einstieg ein bisschen Boulevard? So à la „Die abwertenden Bemerkungen von Martin Kaymer liegen als Schatten über der Porsche European Open“? Oder: „Causa Kaymer trübt Jubiläums-PEO!“? Man beachte die Fragezeichen. Denn das ist natürlich heftig übertrieben. Yellow Press halt.

Handgelenksprobleme und Haltungsschaden

Ja, die jüngst kolportierten abfälligen Bemerkungen des zweifachen Majorsiegers in einem Interview mit „golf.de“ über die DP World Tour und über die Zukunft des Traditionsturniers haben Staub aufgewirbelt. Doch ein Event wie die PEO, bei dem vier aktuelle deutsche Tour-Sieger antreten, darf derlei Despektierlichkeiten eines LIV’lers mit maladem Handgelenk und moralischem Haltungsschaden getrost ignorieren. Seltsam, dass Kaymer plötzlich ins giftspritzige Gequatsche eines Sergio Garcia, Lee Westwood oder Ian Poulter verfällt, die ihre besten Jahre ebenfalls längst hinter sich haben und seit dem Wechsel in die Rentenkasse Saudi-Liga keine Gelegenheit auslassen, in das Nest zu spucken, dass sie erst groß und für LIV-Impresario Greg Norman interessant gemacht hat.

 

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Jetzt also auch Kaymer. Der 38-Jährige lamentiert, dass der DP World Tour durch die Strategische Allianz mit der PGA Tour die „Identität verloren gegangen“ sei, dass sie zu einer „Zubringer-Tour“ geworden sei, die sich alles „vom großen Chef aus Amerika“ absegnen lassen müsse. Und der Porsche European Open schenkt er mächtig ein, wenn er davon spricht, das Turnier im vorläufigen Turnierkalender der DP World Tour für 2024 nicht gefunden zu haben.

Vertrag mit Porsche läuft turnusmäßig aus

Kaymers Narrativ von der schiefen Symbiose im Profigolf-Establishment und von Europas amerikanischer Abhängigkeit ist keine neue Erkenntnis und hat seine Berechtigung. Dass er aber in einem Atemzug gleichermaßen die „nationalen Meisterschaften“, die diversen Open also, und „die tollen Plätze“ für verloren erklärt, ist schlichtweg absurd. Im Übrigen dürfte ihm wie allen Branchen-Insidern bekannt sein, dass der Kontrakt des Luxusauto-Herstellers als Titel- und Hauptsponsor der Porsche European Open turnusmäßig ausläuft. Aber nein, Kaymer erweist mit seiner Tirade dem Golfsport auf Top-Level hierzulande und in Europa einen Bärendienst. Und seinem Prestige gleich mit. Aus Frust über seine vierwöchige Sperre samt der 450.000 Euro Strafe? Die Frage muss erlaubt sein.


Update:

„Es wäre toll, wenn Porsche weitermacht, aber ich mache mir keine Gedanken darüber, dass in Green Eagle keine weiteren Tour-Turniere stattfinden – egal, ob mit Porsche oder mit anderen Sponsoren. Das hat der Golfplatz verdient, das hat das ganze Team verdient: Alle, die da mitarbeiten und soviel Herzblut in der Geschichte haben. Es wird auf jeden Fall weitergehen.

Ich finde es deswegen umso schlimmer, dass vor dem Turnier solche Sachen  verbreitet werden, obwohl es noch gar keine Entscheidung gibt. Irgendwer erzählt, er weiß was. Kompletter Humbug. Es gehört sich einfach nicht, vor so einem Turnier so einen Wirbel zu machen. Das finde ich einfach schade, für das Turnier und für alle Beteiligten.“

Marcel Siem nach dem Pro-Am im Mediengespräch (ohne Namen zu nennen)


Sei’s drum: Die Verantwortlichen sind jedenfalls höflich genug, das gar nicht erst zu thematisieren. „Wir arbeiten seit 2019 gemeinsam mit Porsche leidenschaftlich an einer großartigen Porsche European Open und würden sie gern fortführen“, sagt Turnierdirektor Dirk Glittenberg, Chef des Promoters U.COM (Düsseldorf), der Kaymer im vergangenen Jahr noch aus der Schusslinie gezogen hatte, als der Rheinländer wegen seiner Handverletzung kurz vor dem ersten Abschlag zurückziehen musste. „Wir sind selbstverständlich in Gesprächen mit Porsche.“

„Es geht ums gesamte große Bild“

Natürlich schmerzt das Fehlen des Porsche-Markenbotschafters Paul Casey, der ebenso wie Kaymer gesperrt wurde, nachdem das Sportschiedsgericht in London die Sanktionen der DP World Tour legitimiert hat. Gerade, weil die 40. Ausgabe der European Open ins 75. Jahr des Bestehens der Marke Porsche fällt.

Volles Tableau bei der Porsche European Open: Der Titelsponsor und ein Spielerfeld mit vier aktuellen deutschen Tour-Siegern. (Foto: Michael F. Basche)

Aber dafür gibt’s mit Marcel Siem, Max Kieffer, Yannik Paul und Nick Bachem vier deutsche Siegertypen, die in diesen Tagen die Themen und die Tonalität auf den Green Eagle Golf Courses vor den Toren von Hamburg bestimmen. Und sowieso hängt das Schicksal der Porsche European Open gewiss nicht von der individuellen Situation zweier bei der Tour in Ungnade gefallener Spieler ab, mögen sie in der Vergangenheit noch so viele Meriten gesammelt haben.

„Es geht ums gesamte große Bild. Das ist die Basis, auf der wir unsere Entscheidung treffen“, bestätigt Markus Rothermel als Pressesprecher Sportkommunikation der Porsche AG: „Die Porsche European Open sind ein hervorragendes Turnier. Wir stehen im engen Austausch mit U.COM und der DP World Tour und werden insbesondere nach dem Turnier alle Informationen und Eindrücke auf den Tisch legen und darüber sprechen, wie es weitergeht.“

„Der braucht sich nicht mehr blicken zu lassen!“

In der Öffentlichkeit freilich haben Kaymers Sympathiewerte durchaus einen Einbruch erlitten. Stellvertretend mag die Anmerkung eines Golf-Post-Lesers auf die Meldung vom Kaymer-Interview stehen: „Der Einzige, der seine Identität verloren hat, ist MK selbst.“

Und dann ist da noch Gastgeber Michael Blesch, der dem Turnier auf und rund um den Porsche Nord Course seit 2017 eine bestens präparierte Bühne bietet, und dafür bekannt ist, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. „Mit welchem Recht äußert sich Martin Kaymer über die Geschicke unseres Turniers: Dreimal lässt er sich gar nicht hier blicken, 2021 spielt er Neun über Par und verpasst den Cut, vergangenes Jahr ist die Hand kaputt – aber in der Woche darauf tritt er dann in der LIV-Liga an“, wetterte Blesch dieser Tage: „Er will doch den Golfsport fördern. Stattdessen erklärt er das Turnier vorab für tot. Der braucht sich hier überhaupt nicht mehr blicken zu lassen!“

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