Die besondere Herausforderung auf einer Golfrunde liegt aus sportpsychologischer Sicht in der Zeit zwischen den Schlägen. Den Großteil der Zeit auf einer Runde verbringt ein Golfspieler mit Gehen zum nächsten Loch und Warten auf den nächsten Schlag, während er nur 3% der Zeit tatsächlich Schläge ausführt. Folglich hat jeder Spieler sehr viel Zeit, sich vor und nach den Schlägen Gedanken zu machen. Nicht immer sind diese Begleiter vorteilhaft für das Golfspiel. Gedanken können beispielsweise in Form von Vorwürfen über den letzten Schlag, Selbstzweifeln, ob der nächste Schlag gelingen wird, oder katastrophisierenden Bewertungen der eigenen Leistungsfähigkeit auftreten. Ein Beispiel für eine katastrophisierende Bewertung der eigenen Leistungsfähigkeit ist der nach einem schlecht gespielten Loch auftretende Gedanke, dass die ganze Runde schlecht werde und man für das Golfspielen generell nicht geeignet sei.
Negative Gedanken lenken den Fokus auf Hindernisse
Vor allem Selbstzweifel können in Form von selbst erfüllenden Prophezeiungen tatsächlich eintreten. Der Gedanke „Nur nicht ins Wasser spielen“ lenkt die Aufmerksamkeit auf das Wasserhindernis, da das menschliche Gehirn die Bedeutung des Wortes „nicht“ nicht versteht. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der nächste Schlag in das Wasser gespielt wird. Negativ formulierte Sätze wie dieser bringen zusätzlich innere Widerstände und führen zu Verkrampfungen.
Um die leistungsmindernden Effekte von negativen Gedanken zu vermeiden, lohnt es sich, sportpsychologische Strategien zu lernen, um die eigenen Gedanken positiv zu steuern. In diesem und dem nächsten Artikel werden Ihnen verschiedene Strategien vorgestellt, mit denen Sie Ihre Gedanken positiv steuern können, um Ihre optimale Leistung auf den Punkt abzurufen. Alle diese Strategien müssen zunächst trainiert werden, bevor sie erfolgreich unter Wettkampfbedingungen eingesetzt werden können.
So setzen Sie das Mentaltraining um
1. Stellen Sie sich den idealen Schlag vor
Stellen Sie sich vor dem Abschlag im Rahmen Ihrer Preshot-Routine den perfekten Schlag als Ganzes vor und an welcher Stelle der Golfball landen soll. Um den Fokus Ihrer Aufmerksamkeit nicht auf Hindernisse wie zum Beispiel das Wasser oder zu lenken, vermeiden Sie, sich vorzustellen, wo ein weniger guter Schlag hinfliegen könnte. Hilfreich ist es, sich den Schlag vorher im Detail aufzuschreiben. Gehen Sie diese Vorstellung auch noch einmal gedanklich durch. Wie sieht es aus, wenn Sie den Ball optimal treffen und der Ball über das Wasserhindernis fliegt und auf dem Green landet? Stellen Sie sich vor Ihrem Schlag ausschließlich vor, wie der ideale Schlag und die ideale Flugkurve aussehen.
2. Schreiben Sie ein „Erfolgstagebuch“
Sowohl im beruflichen und privaten Alltag als auch im Golfsport neigen die meisten Menschen zu einer Erinnerungs- und Interpretationsverzerrung der Realität. Das menschliche Gehirn speichert vor allem negative bzw. weniger erfolgreiche Aspekte im Gedächtnis ab, sodass diese leichter erinnert werden können als erreichte Erfolge. Im Rahmen einer Golfrunde kann diese Erinnerungs- und Interpretationsverzerrung des menschlichen Gehirns dazu führen, dass Sie sich vor allem an die misslungenen Schläge und schlecht gespielten Löcher erinnern. Ein verpatzter Putt wird Ihnen vermutlich länger im Gedächtnis bleiben als der zuvor gespielte, sehr gute Abschlag.
Dieser Fokus auf die negativen Aspekte des eigenen Spiels bewirken eine negative Grundstimmung und damit eine demotivierte sowie wenig selbstbewusste Einstellung. Damit einhergehen können Ihrem Spiel schadende Selbstzweifel und die Angst, diese Fehler zu wiederholen. Versuchen Sie gegen diese Verzerrungen vorzugehen, indem Sie Ihren Blick bewusst auf die geglückten Schläge auf einer Runde richten. Bevor Sie diese Strategie auf einer Turnierrunde einsetzen, sollte Sie diese zunächst im Alltag oder im Training einsetzen und üben.
Das gedankliche "Erfolgstagebuch"
Führen Sie dazu ein Tagebuch, in dem Sie alle positiven und erfolgreichen Dinge eines Tages oder einer Trainingseinheit notieren. Vor Ihrer nächsten Trainingseinheit können Sie einen Blick in Ihr „Erfolgstagebuch“ werfen. Nach einiger Zeit der Übung können Sie versuchen, auf einer Golfrunde in Gedanken dieses Erfolgstagebuch zu schreiben. Rufen Sie sich ganz bewusst in Ihr Gedächtnis, was bisher gut geklappt hat. Selbstverständlich ist es in einigen Situationen auch nicht vermeidbar, an die Misserfolge bzw. nicht geglückten Schläge zu denken. Als Faustformel gilt hier: Auf drei positive Gedanken darf ein negativer Gedanke kommen. Über diese Strategie können Sie es schaffen, eine positivere Grundeinstellung und stärkere Lockerheit zu erreichen.